Bundesamt für Naturschutz: Erste Rote Liste wandernder Vogelarten vorgelegt

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Zum ersten Mal wurde eine Rote Liste der wandernden Vogelarten in Deutschland erarbeitet und vom Deutschen Rat für Vogelschutz (DRV) und dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) präsentiert. Ein Viertel aller Zugvogelarten stehen auf der Roten Liste. Die Ergebnisse zeigen die hohe internationale Bedeutung Deutschlands für wandernde Vogelarten wie die Brandgans auf, von der 80% des nordeuropäischen Bestands auf die Elbmündung als Mauserplatz angewiesen ist. Deutlich wird ebenso die Abhängigkeit der nationalen Zugvogelbestände von effektiven internationalen Schutzmaßnahmen auf den Flugrouten, Rast- und Brutplätzen.

„Nach den für die neue Liste erhobenen oder geschätzten Daten ziehen etwa 500 Mio. Zug-vögel jedes Jahr durch Deutschland, die sich auf 279 regelmäßig vorkommende Vogelarten verteilen“, erläutert Dr. Hans-Günther Bauer, Koordinator des Rote-Liste-Gremiums und Wissenschaftler an der Vogelwarte Radolfzell. Sie zu bewerten, sei erheblich schwieriger als bei den etwa 86 Millionen Vogelpaaren, die in Deutschland brüten. „Die 28 Brutvogelarten, die bei uns überhaupt nicht wandern, bilden eine kleine Minderheit“, so Bauer. Die neue Liste berücksichtigt erstmals auch einige Unterarten und gut unterscheidbare Populationen mit unterschiedlichem Zugverhalten.

Der Gefährdungsgrad einer Art wurde aus ihrer Häufigkeit und ihren Bestandsveränderungen ermittelt. Insgesamt wurde fast ein Viertel aller Arten als bestandsgefährdet eingestuft, darunter Kornweihe, Rotschenkel, Kuckuck und Ortolan. Weitere 10% stehen auf der Vorwarnliste. Die Bestände dieser Arten gehen bereits merklich zurück. Zu ihnen zählen Kiebitz, Turteltaube und Trauerschnäpper.

„Die Situation bei den Zugvögeln ist zwar insgesamt etwas besser als bei Deutschlands Brutvögeln, denn dort stehen 42% auf der Roten Liste und weitere acht Prozent auf der Vorwarn-liste“, erklärte BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel. Doch gäbe es bei bestimmten wandernden Vogelarten besondere Sorgenkinder. „Bedroht sind vor allem die weitziehenden Arten, die bis südlich der Sahara fliegen, während solche mit nur kurzen Wanderungen innerhalb Europas weniger gefährdet sind. Leider finden sich auch Arten der Agrarlandschaft und der Küsten und Meere überproportional häufig auf der Roten Liste“, so die BfN-Präsidentin.

Nach Ansicht der Autoren der Roten Liste hat Deutschland eine wichtige Funktion als Drehscheibe des Vogelzugs. Daher müsse sich Deutschland seiner Bedeutung für viele Zugvogelarten stärker bewusst werden und auch engagieren. Das Wattenmeer etwa gilt als das wichtigste Rastgebiet für Watvögel auf dem Weg von Sibirien nach Westafrika und die norddeutsche Tiefebene als wichtigstes Winterquartier arktischer Wildgansarten. 80 Prozent des nordeuropäischen Bestands der Brandgans versammelt sich im Sommer zur Mauser auf Sandbänken vor der Elbmündung. Ein Viertel des global bedrohten Weltbestands der Samtente überwintert in der deutschen Ostsee, wo die Art durch Beifang in Fischernetzen gefährdet ist. Jeder fünfte Sterntaucher überwintert in deutschen Nordseegewässern, wo sein Lebensraum durch Windenergieanlagen eingeschränkt wird. Ein Großteil des Weltbestands der bedrohten Waldsaatgans überwintert in Ostdeutschland und leidet dort unter der Jagd auf ähnliche Verwandte. „Hier sehen wir die neue Bundesregierung in der Pflicht“, betont Dr. Ommo Hüppop vom Institut für Vogelforschung Wilhelmshaven, der Erstautor dieser Roten Liste. Die Bundesregierung habe sich im Koalitionsvertrag zu einem verbesserten Schutz von Zugvögeln bekannt.

Die Rote Liste wurde durch ein vom Deutschen Rat für Vogelschutz (DRV), dem Zusammenschluss deutscher Vogelschutzverbände, -behörden und wissenschaftlichen Institute, eingesetztes Fachgremium erarbeitet. Sie bildet den neuen Fachstandard für die Bewertung der Gefährdung von Vogelarten bei Projekten und Planungen in Deutschland außerhalb der Brutzeit und ergänzt damit die Rote Liste der Brutvögel.