Mauerblümchen sind in der Regel unscheinbar und werden gerne übersehen. Das heißt aber nicht, dass sie unbedeutend wären. Relativ unscheinbar ist auch das „Kurzfrüchtige Weidenröschen“. Die einjährige Pflanze gehört zu den Nachtkerzengewächsen. Obwohl sie einen Meter hoch werden kann, wird sie mit ihrem schmalen Stängel und den zarten Blüten leicht übersehen.
Unbedeutend ist die Pflanze hingegen keineswegs. Sie gehört zu den sogenannten invasiven Arten und breitet sich in Deutschland immer weiter aus. Das Kurzfrüchtige Weidenröschen stammt ursprünglich aus den Hochgebirgen Nordamerikas und ist in mehreren Etappen nach Deutschland gelangt, melden die Wissenschaftler des Senckenberg Forschungsinstituts in Frankfurt.
Die Pflanze ist an der nordamerikanischen Westküste beheimatet und wurde 1978 das erste Mal in Europa in der Nähe von Madrid entdeckt. In Deutschland wurden die frühesten Funde 1994 in Rheinland-Pfalz gemeldet. Vermutlich sind die Samen als „blinder Passagier“ auf Militär- und Agrarfahrzeugen gereist. Heute ist die invasive Pflanze vor allem in der Oberrheinebene von Frankfurt bis Rastatt, der Wetterau, dem Taunus und dem Pfälzer Wald zu finden. Weitere Vorkommen gibt es in Bayern und an der Mosel.
Die Pflanzen sind gut an ihre Umgebung angepasst. Sie wachsen bevorzugt auf brachliegenden Flächen wie auf Bahnhöfen zwischen Gleisschotter, in Kiesgruben, Steinbrüchen und auf geschotterten Parkplätzen.
Das nordamerikanische Weidenröschen reagiert unterschiedlich auf das deutsche Klima. So ist die Population an der Mosel sehr frostanfällig und wird vermutlich langfristig nicht überleben. Den Grund dafür haben genetische Untersuchungen gezeigt. Die Wissenschaftler verglichen die Erbinformation der Pflanzen von 23 Orten in Deutschland und Nordfrankreich mit Proben aus den USA und fanden große Unterschiede. Es wurden drei genetische Typen ausgemacht. Offenbar stammen die Weidenröschen an der Mosel von Pflanzen, die sich nur in wenigen Höhenmetern ansiedeln. Alle anderen Vorkommen kommen aus Höhen von über 1.500 Metern und sind daher gut an die kalten Temperaturen in Deutschland angepasst. Da sich die Pflanzen einer Population kaum genetisch unterscheiden, gehen die Wissenschaftler von mehreren Etappen der „Invasion“ aus.
Das „Kurzfrüchtige Weidenröschen“ hat in Deutschland keine natürlichen Feinde, sodass es sich vermutlich weiter ausbreiten wird. Welche Folgen das hat, wird sich noch zeigen. Die Art verdrängt keine anderen Pflanzen, aber sie besiedelt freiliegende Flächen. In der Grube Messel wird dadurch zum Beispiel das Beuterevier des Flussregenpfeifers eingeschränkt, erklären die Senckenberg-Wissenschaftler. Der kleine Vogel braucht freie Flächen für die Nahrungssuche. (Quelle: www.aid.de)