Heißer Dampf für gesunde Pilze

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Der größte Feind der Kulturpilzanbauer sind Pilze. Das klingt absurd, ist es aber nicht. Schimmelpilze wie Gießkannenschimmel (Aspergillus), Pinselschimmel (Penicilium) und vor allem der Grünschimmel (Trichoderma) sind gefürchtet. Die Wachstumsbedingungen, unter denen Speisepilze am besten gedeihen mit der richtigen Wärme, Feuchte und nahrhaftem Substrat, sind auch für Schimmelpilze ideal. Breiten sie sich in den Kulturen aus, richten sie massive Schäden an. Nachträglich sanieren lassen sich befallene Pilzbeete nicht. Daher tun Kulturpilzanbauer vorbeugend alles, um Infektionen mit diesen Schadpilzen zu vermeiden.

Pilzbekämpfungsmittel, Fungizide, wie sie z.B. bei Pilzerkrankungen unserer Haut oder auch in Räumen verwendet werden, verbieten sich von selbst. Nicht nur, weil Pilze Nahrungsmittel sind und schadstofffrei sein müssen. Fungizide würden neben den Schadpilzen auch die Kulturpilze beeinträchtigen. Sie sind in Deutschland auch nicht für den Speisepilzanbau zugelassen. Stattdessen ist vorbeugende Hygiene und Hitze das Mittel der Wahl. In Champignonkulturen beispielsweise wird am Ende jedes Kulturzyklus, bei dem in drei Erntewellen nacheinander Pilze gepflückt wurden, der komplette Kulturraum mit 70° C heißem Wasserdampf sterilisiert. Für 48 Stunden sind Wände, Decken, Stellagen oder Tische samt dem verbrauchten Substrat der Hitze ausgesetzt. Pilzsporen gibt es danach nicht mehr. Erfahrene Hobby-Pilzanbauer machen Vergleichbares, indem sie ihr Substrat in einem ausrangierten Dampfkochtopf sterilisieren. Erst nach der Hitzebehandlung wird das Substrat aus dem Kulturraum komplett ausgeräumt. Anschließend bekommen Tische oder Stellagen eine neue Schicht frisches Substrat. Dessen Ausgangsstoffe – Stroh und Pferdemist – wurden unter kontrollierten Bedingungen kompostiert. Wie in jedem ordentlich aufgesetzten Komposthaufen entstehen dabei sehr hohe Temperaturen, die das Substrat völlig frei machen von Schadorganismen. Ist das so auf natürlichem Wege sterilisierte Substrat auf den Tischen oder in Kisten ausgebracht, wird mit Champignonsporen beimpft und mit Deckerde abgedeckt. Ein neuer Wachstumszyklus im hygienisch sauberen Kulturraum beginnt.

Das Dämpfen und Erhitzen ist also eine der tragenden Säulen gesunder Pilzkulturen. Aber auch sonst gilt peinlichste Hygiene! Nur gefiltert strömt Frischluft in die Kulturräume. Sorgfältig abgedichtete Türen und Maueröffnungen halten Insekten fern – sie könnten Pilzsporen vom nächsten Bauernhof in die Kulturen tragen. Spezielle Siphons verhindern, dass Schimmelsporen oder Insekten über das Abwassersystem von einem Kulturraum zum anderen wandern. Jeder, der in Pilzkulturen arbeitet, trägt Schutzkleidung, verhüllt Haare und Schuhe. Desinfektionsmatten liegen vor jedem Kulturraum und alles Gerät, das dort eingesetzt wird, wird sorgfältig sterilisiert.

Viel Aufwand könnte man meinen. Aber nur so gelingt es den Pilzerzeugern, Krankheiten und Schädlinge gar nicht erst in die Kulturen zu lassen. Und nur so können das ganze Jahr hindurch einwandfreie, frische und köstliche Pilze aus der Region auf unserem Teller landen.

Viele weitere interessante Informationen und Rezepte zu Speisepilzen finden Sie auf der Website www.gesunde-pilze.de. (GMH)