Keine Lust auf trockene Theorie und staubige Hörsäle? Es muss nicht immer ein Studium sein: Abiturient:innen finden im Gartenbau spannende Aufgaben, gute Aufstiegschancen und direkten Praxisbezug.
Der Praxisanteil überwiegt
„Ich gehörte schon immer zu den Menschen, die gerne etwas mit ihren eigenen Händen erschaffen. Deshalb stand für mich fest, dass ich nach dem Abi eine Ausbildung machen will“, berichtet die angehende Zierpflanzengärtnerin Andrea Rödel. Im Gegensatz zu einem Studium überwiegt der Anteil an praktischer Arbeit in der Ausbildung deutlich, auch wenn die Theorie natürlich ebenfalls dazugehört. Im September 2020 hat Andrea Rödel ihre Ausbildung bei der Gärtnerei und Baumschule Tröltzsch im sächsischen Oelsnitz im Vogtland begonnen, die auch über einen angeschlossenen Landschaftsbaubetrieb verfügt.
Im Freien arbeiten
Meist beginnt ihr Arbeitstag morgens um sieben oder um acht Uhr. Dann macht sich Andrea Rödel an die Aufgaben, die an diesem Tag anstehen. „Langweilig wird es nie, denn einen Alltag mit den immer gleichen Abläufen gibt es selbst für ausgelernte Gärtnerinnen und Gärtner nicht.“ Mal müssen Pflanzen eingetopft werden, mal geht es auf den Friedhof, mal wird der Salat pikiert. „Ich mag es, das Ergebnis meiner Arbeit direkt zu sehen und bin gerne jeden Tag draußen. Ein Bürojob, bei dem ich den Großteil meiner Arbeitszeit am Schreibtisch verbringe, wäre nichts für mich“, sagt die Auszubildende.
Auf eigenen Beinen stehen
Andrea Rödel schätzt auch die finanzielle Unabhängigkeit, die sie durch die Ausbildung erlangt. „Dass ich als Auszubildende mein eigenes Geld verdiene, ist definitiv ein großer Vorteil“, sagt die 18-Jährige, die zum Ausbildungsstart in ihre erste eigene Wohnung gezogen ist. „Theoretisch hätte ich nach dem Abi zu Hause wohnen bleiben und von dort aus zur Arbeit fahren können, mein Ausbildungsbetrieb befindet sich nur eine halbe Stunde entfernt von meiner Heimatstadt. Ich wollte aber gerne auf eigenen Beinen stehen.“
Vom Samen bis zur Pflanze
Als angehende Zierpflanzengärtnerin lernt sie alles über die Züchtung und Vermehrung von Zimmerpflanzen, Schnittblumen sowie Beet- und Balkonpflanzen. Da auch eine Baumschule zu ihrem Ausbildungsbetrieb gehört, beschäftigt sie sich außerdem mit verschiedenen Gehölzen wie zum Beispiel Äpfel- oder Birnbäumen oder der Anzucht von Rosen. Auch im Gemüseanbau und der Pflege und Bepflanzung von Gräbern und Parkanlagen hat sie schon mitgearbeitet. „Am liebsten arbeite ich mit Jungpflanzen oder kümmere mich um die Aussaat. Es ist einfach toll zu sehen, wie etwas wächst, das man selbst gesät hat.“ Aktuell befindet sie sich im ersten Lehrjahr der dreijährigen dualen Ausbildung, die in insgesamt sieben verschiedenen Fachrichtungen angeboten wird. Wer Abitur oder Fachabitur mitbringt, kann die Ausbildungsdauer um ein Jahr verkürzen.
Alles über Pflanzen und was sie brauchen
Im Betrieb und in der Berufsschule lernt Andrea Rödel hunderte verschiedene Pflanzenarten kennen und erfährt, unter welchen Bedingungen diese am besten gedeihen. „Wann immer ich mit meinem Meister, der mich ausbildet, unterwegs bin – zum Beispiel auf dem Friedhof – bestimmen wir gemeinsam Pflanzen und er erzählt mir alles über die jeweilige Art. Also zum Beispiel, wie viel Licht, Wasser und welche Nährstoffe sie zum Wachsen braucht.“ In den kommenden Monaten stehen unter anderem Düngerlehre, Pflanzenschutz (bei dem vorbeugende und biologische Verfahren inzwischen eine große Rolle spielen) sowie der Umgang mit den Maschinen auf dem Lehrplan.
Kreativität, Kundenkontakt und Lernwille
„Wer sich für den Job interessiert, sollte auf jeden Fall Ausdauer haben und körperlich fit sein, denn es gehört auch dazu, mal einen Sack Erde zu schleppen“, sagt Andrea Rödel über die Anforderungen in der Ausbildung. „Auch Lernwille ist wichtig, denn die Themen sind anspruchsvoll und das Lernpensum größer, als manch einer vielleicht denkt. Der Umgang mit moderner Technik, sei es die Klimasteuerung im Gewächshaus mittels EDV oder die Nutzung von Traktoren im Freiland, spielt ebenfalls eine wichtige Rolle im Arbeitsalltag. Außerdem braucht man Kreativität, zum Beispiel beim Bepflanzen von Schalen oder Gräbern. Für den Verkauf und die Beratung ist es wichtig, Spaß am Kundenkontakt zu haben und das eigene Fachwissen auch verständlich vermitteln zu können.“ Je nach Fachrichtung sollten Gärtner:innen ebenfalls wetterfest sein. „Man ist häufig draußen, unabhängig von Wetter und Temperatur. Ich habe auch schon mal eine Parkanlage im Nieselregen bepflanzt, das kommt vor.“
Nächster Halt: Meistertitel
Nach ihrer Ausbildung will Andrea Rödel zunächst noch mehr Berufserfahrung sammeln und anschließend die Weiterbildung zur Gärtnermeisterin machen. „Mit dem Meistertitel hat man nicht nur gute Aufstiegschancen im Betrieb, sondern kann auch selbst ausbilden.“ Auch ein anschließendes Studium kommt für sie infrage. „Das würde ich nutzen, um meine Kenntnisse in Biologie und Chemie zu vertiefen.“
Es muss nicht immer ein Studium sein
Du lernst lieber praxisnah als stundenlang über Büchern zu sitzen, bist gerne in der Natur und willst nach der Schule dein eigenes Geld verdienen? Wie wäre es mit einer Gärtner:innenausbildung, bei der du zwischen insgesamt sieben Fachrichtungen wählen kannst? Ob mit Mittlerer Reife, Abitur oder als Studienabbrecher:in, wenn du einen anderen Weg einschlagen möchtest: hier findest du Aufgaben, die zu dir passen. Und danach geht es weiter, wenn du willst: Zum Beispiel mit einer Weiterbildung an der Meister- oder Technikerschule. (GMH)