„Muss das weg?", fragen die Nutzer einschlägiger Internetforen mit einem Foto von einem Gras aus ihrem Garten und sie bekommen oft sehr unterschiedliche Antworten. Der eine ruft „Unkraut, geht gar nicht, rausreißen, sofort!", die andere zeigt als Gegenschuss ein Bild aus ihrem Garten und meint dazu, dass dieses Gewächs zwar ungeplant aufgegangen sei, aber dass es doch das Beet sehr bereichere und dafür sorge, dass Wildkräuter, die man wohl früher als Unkraut bezeichnet hätte, dadurch keine Chance mehr hätten. Also: Die einen sagen so, die anderen so – aber von letzteren gibt es immer mehr, die die Gräser in ihren Gärten längst als Ziergräser betrachten und ihre Vorteile zu schätzen wissen.
Die wenigsten dieser attraktiven, strukturgebenden Pflanzen fliegen einem allerdings zu, sondern sie werden aus einem mittlerweile großen Sortiment im Gartencenter oder auch im Baumarkt ausgewählt. Die Motive, warum sich Hobbygärtner heute für Gräser entscheiden, sind vielfältig: Die einen haben eine ausgefeilte, die Natur nachgeahmte Gräserlandschaft mit Stauden und Gehölzen vor Augen, die anderen möchten einen Beitrag zum Schutz der Natur und der Biodiversität leisten, und noch andere sind es einfach leid, ständig auf den langweiligen Schotter mit Ahornsämlingdurchsatz vor dem Haus zu schauen … Wie dem auch immer sei, Fakt ist: In mehr und mehr Gärten und selbst in Töpfen und Kästen auf Balkonen und Terrassen stehen die Halme und es wird vielerorts grasig.
Heute hält man mit Gräsern unwillkommenen „Begleitwuchs" in Schach und schafft mit den wogenden Halmen und Ähren weiche Übergänge zwischen Pflanzen, deren Zwischenräume früher wirklich mühsam „sauber" gehalten werden mussten. In Zeiten, in denen man sich daran gewöhnen muss, dass das Wetter mit vielen Kapriolen aufwartet, schützen Beete mit bodendeckenden Gräsern die Erde bei starker Sonneneinstrahlung vor Austrocknung, halten aber auch das Wasser fest, wenn es mal allzu heftig vom Himmel fällt. Gute Beispiele, wie man heute klimaangepasst gärtnern kann, gibt es derzeit viele: Ob in den Modellgärten von Appeltern in den Niederlanden, auf der Bundesgartenschau in Erfurt oder auf der Bayerischen Landesgartenschau in Lindau, um nur einige zu nennen. Die „klimatoleranten Beete" ziehen überall ein neugieriges oder wissbegieriges, staunendes Publikum an und bieten zudem Insekten und Vögeln einen abwechslungsreichen Futterplatz und Lebensraum.
Gräser machen fast ganzjährig viel her, haben allerdings ihren großen Auftritt vor allem in der zweiten Jahreshälfte. Sie sind wolkige Begleitpflanzen zu Stauden und schaffen für sie eine unaufdringliche luftige Umgebung. Es sei denn, man bewegt sich in Prärielandschaften, wo sie natürlich zuhauf anzutreffen sind. Dort sind sie die Pflanzen der leisen Töne, aber ohne sie würde sehr viel fehlen. Sie schaffen Atmosphäre, Verbindung, Rhythmus und spielen mit Licht und Witterung. Es gibt mannshohe Schilfgräser, die durchaus einen Hausbaum im Vorgarten ersetzen können und in der warmen Jahreszeit ein guter Sichtschutz sind, aber es gibt auch unzählige Arten und Sorten, die sich filigran und zart im Wind wiegen, die Stauden sanft umwehen und dennoch hart im Nehmen sind. Also aufgepasst, die große Zeit der Gräser ist angebrochen und gepflanzt werden kann bis in den späten Herbst. Jetzt im Sommer sieht man allerdings am besten, wie sie ausgewachsen aussehen, wie unterschiedlich sie sind, wie ihr Habitus ist. Manche, wie das Japanische Blutgras, Imperata cylindrica ‘Red Baron‘, wächst sehr stolz aufrecht und betont die Vertikale, andere wie das Lampenputzergras, Pennisetum alopecuroides, schwingen in weiten, hohen Bögen. Beide sind Süßgräser. Bodennäher wachsen Arten wie Sesleria und andere Kopfgräser. Die Auseinandersetzung mit dem Sortiment der (Zier-)gräser lohnt, macht viel Freude und langfristig im Garten wenig Arbeit. Je weniger versiegelte Fläche um unsere Häuser, umso besser. (Quelle: elegrass)