Das Thema Insektensterben ist seit einigen Jahren in aller Munde. Dass es der heimischen Vogelwelt nicht viel besser geht, hat sich dagegen noch nicht so herumgesprochen. Dabei warnt der Ornithologe Peter Berthold, Deutschlands bekanntester Vogelexperte und langjähriger Leiter der Vogelwarte Radolfzell, seit langem, dass seit dem Jahr 1800 der Vogelbestand in Deutschland um rund 80 Prozent zurückgegangen sei. Auch die diesjährige „Stunde der Wintervögel" – eine breit angelegte Zählaktion des NABU und des bayrischen Landesbundes für Vogelschutz (LBV) – zeigte erneut einen deutlichen Rückgang.
Einer der Hauptgründe für diese Entwicklung ist die fortschreitende Industrialisierung der Landwirtschaft, die immerhin 52 Prozent der deutschen Bodenfläche ausmacht. In den Monokulturen finden die Tiere weder ausreichend Futter, noch Verstecke oder Nistplätze. „Parks und Grünanlagen sowie Privatgärten sind daher in den letzten Jahrzehnten für viele Vogelarten zu wichtigen Zufluchtsorten und Lebensräumen geworden", sagt Pia Präger vom Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL) e. V.: „Abwechslungsreich gestaltet und mit einer großen Pflanzenvielfalt locken sie die gefiederten Freunde zahlreich an. Vor allem mit fruchttragenden Gehölzen und Samenständen von (Wild-)Stauden können Gartenbesitzerinnen und -besitzer dafür sorgen, dass für viele Tiere auch in der kalten Jahreszeit ausreichend natürliche Nahrungsquellen zur Verfügung stehen. Stauden daher bitte erst im Frühjahr zurückschneiden."
Der Tisch ist gedeckt
Hecken schützen uns im Garten nicht nur vor Staub, Wind und neugierigen Blicken, sie können auch kulinarische Vogelparadiese sein – vor allem, wenn heimische Wildsträucher gewählt wurden: Heckenrosen beispielsweise erfreuen uns Menschen im Sommer mit ihrer romantischen Blütenpracht. Ab Herbst werden ihre leuchtend roten Hagebutten von zahlreichen Tieren gefressen. Die Früchte des Weißdorns schmecken mehr als 30 Vogelarten; von den bläulichen Beerenzapfen des Wacholders ernähren sich sogar 43 und vom Schwarzen Holunder rund 60 Arten. „Locker gemischte, ein- oder zweireihig angelegte Wildstrauchhecken sind ökologisch besonders wertvoll, nehmen in der Regel aber viel Platz in Anspruch. Sie kommen also nicht für jedes Grundstück in Frage", erläutert Präger. „Bei durchdachter Gehölzauswahl kann aber auch eine schmalere Schnitthecke ein reich gedeckter Tisch für Samen- und Beerenfresser sein." Die Fachleute aus dem Garten- und Landschaftsbau empfehlen hierfür beispielsweise die immergrüne Eibe, deren feuerrote Scheinbeeren u.a. bei Amseln, Drosseln und Rotkehlchen beliebt sind, oder auch die Gemeine Berberitze. Dank ihrer langen kräftigen Dornen bietet sie Vögeln hervorragend Deckung und Schutz – selbst, wenn sie regelmäßig geschnitten wird – und ihre Früchte sind ab September ein willkommenes Futter.
Fruchtige Leckerbissen
Als Solitärgehölze bieten sich für einen vogelfreundlichen Garten Zieräpfel an. Je nach Art und Sorte wachsen sie als Strauch oder Baum und werden zwischen zwei bis drei und zwölf Meter hoch. Auch die Größe, Form und Farbe der Früchte variiert. Anders als Tafel-Äpfel fallen sie nach der Reifung nicht ab, sondern bleiben an den Ästen. So sind die Gehölze nach dem Laubabwurf noch dekorativ und bieten den Gartenvögeln bis in den Winter fruchtige Leckerbissen. Auch die orangen Früchte der Vogelbeere erinnern beim genauen Hinsehen an winzige Äpfel. Der mittelgroße Baum mit lockerer, rundlicher oder ovaler Krone wird je nach Sorte fünf bis 15 Meter hoch und ist ebenfalls – wie der Name schon vermuten lässt – ein wunderbares Nährgehölz für die gefiederten Besucher.
Wer Tieren im Garten etwas Gutes tun will, sollte auch auf Klettergehölze wie Efeu oder Wilder Wein nicht verzichten. Mit ihnen lassen sich nicht nur Pergolen, Carports oder Mauern zuverlässig begrünen; die Pflanzen bieten der Vogelwelt auch gute Nistmöglichkeiten und Futter. Während beispielsweise die Weintrauben im Herbst erscheinen, reifen die schwarzen Beeren des immergrünen Efeus erst zwischen Januar und April und füllen dann die Bäuche von Staren, Kernbeißern oder Gartenrotschwänzen.
„Übrigens bin ich überzeugt davon, dass ein vielfältig angelegter Garten nicht nur ein Paradies für Tiere, sondern auch für uns Menschen ist", sagt Pia Präger. „Denn dort fühlen wir uns der Natur nah, es gibt immer etwas Neues zu entdecken und viel zu beobachten." (BGL)