Was für ein Sommer! Was für eine Sehnsucht nach Regen! Was für ein Stress mit dem Garten und immer wieder der Blick auf die Wetterkarte und in den Himmel. In vielen Regionen war der Sommer viel zu heiß und zu trocken, so dass auch die härtesten Sonnenanbeter langsam aber sicher die Angst packt mit den Fragen: „Wo soll das hinführen? Wie kann ich meinen Garten retten, der verdorrt und braun ist? Noch schlimmer braucht es doch wirklich kein Mensch!" Doch sobald die Temperaturen wieder moderater sind, werden Schweiß und Schlaflosigkeit in tropischen Nächten vergessen sein und der Trott nimmt seinen Lauf. Man mag dennoch hoffen, dass auf die Lehren, die aus der Klimakrise zu ziehen sind, endlich Taten folgen – im Großen wie im Kleinen, wobei wir bei unseren Gärten wären.
Garten im Klimawandel
Wer sich Stress auf dem eigenen Grundstück ersparen will, der passt seinen Garten dem Klimawandel an und sorgt dafür, dass er sich weitestgehend selbst tragen kann. Das bedeutet: Der Garten sollte sich nicht zu stark aufheizen! So wenig Bodenbeläge wie nötig ist die Devise, zudem braucht es ausreichend Schatten, für uns am Sitzplatz, aber auch für den Boden – je dichter eine Bepflanzung und je grüner die Erde bedeckt ist, umso besser. Das gelingt aber nur, wenn die Pflanzen robust sind und am richtigen Ort gedeihen. Wer hier zudem auf Vielfalt setzt, bietet nicht nur Lebensraum für kleine Tiere über und unter dem Boden, sondern schafft auch Voraussetzungen dafür, dass der Garten sowohl gut durch den Winter, als auch gut durch den Sommer kommt. Und aktuell spüren und sehen wir: Letzteres wird immer wichtiger!
Sommerhart ist das neue Grün
Winterhärte ist bei heimischen Gräsern kein Thema. Sie sind starke Überlebenskünstler und auf der ganzen Welt zu finden – und in der freien Landschaft schützt sie logischerweise niemand oder bringt sie in frostfreie Sicherheit. Erst in diesen Tagen hat das Wissenschaftsjournal Science in einer Sonderausgabe den aktuellen Forschungsstand zum Ökosystem der Gräser veröffentlicht: „Der verkannte Wert der Gräser". Tatsächlich sind Graslandschaften ganz ähnlich wie Wälder wahre Alleskönner! Sie stabilisieren fruchtbaren Boden, speichern Kohlenstoff, erzeugen Sauerstoff und bieten Lebensraum. Natürlich ist unser Garten vor dem Haus keine Savanne und der hinterm Haus keine Steppe, dennoch lässt sich aus der ökologischen Studie auch für den Hausgarten einiges abgewinnen. Wer nicht der Sklave seines Gartens werden und essentiellen Ressourcen wie Wasser nicht unnötig verbrauchen will, passt seinen Garten an die neuen Gegebenheiten an und wählt Pflanzen, die auch die zukünftigen Sommer überleben. Nennen wir die gesuchte Eigenschaft jetzt einfach einmal „sommerhart". Es ist kein schönes Wort, aber es sagt, worauf es ankommt.
Monatelange Gräserfreude
Spezialisierte Gärtnereien haben die Zeichen der Zeit erkannt und setzen auf die Kultur von Gräsern. Dass sich damit durchaus attraktive Gärten gestalten lassen, zeigen die Werke renommierter Landschaftsarchitekten im In- und Ausland. Das Mekka der Gartenkultur, die Chelsea Flowershow in London, präsentierte noch nie so viele wilde Gärten wie in diesem Jahr. Rasenflächen suchte man dort vergeblich, Gräserlandschaften fand man dagegen reichlich. Die Floriade Expo 2022 im niederländischen Almere erprobt Gräser für nachhaltige Gärten im öffentlichen Raum. Die Gärten von Appeltern in der Nähe vom Nimwegen zeigen wilde Landschaften und lassen über die dadurch angesiedelte Fauna staunen. Der Wert der Gräser wird auch für die Gärten am Haus immer offensichtlicher. Eine weitere positive Nebenwirkung: durch die intensive Nutzung von Gräsern in der Bepflanzung verlängert sich der Zierwert eines Gartens um Monate. Die meisten Gräser haben ihre große Zeit in der zweiten Jahreshälfte, wenn die lauten Zwiebelblüher des Frühlings längst eingezogen sind und die Stauden des Sommers leise werden. Dann schaffen sie die wogende Bodendecke für die Herbstfärbung der Gehölze und wenn auch diese schließlich ihr krachendes Feuerwerk verschossen haben, dann sind die Gräser, von imposant bis filigran, immer noch da und trotzen Wind, Wetter, Reif und Schnee.
Was ist zu tun?
Aber ja, auch Gräser machen etwas Arbeit: Sie wollen im Februar in einem Handstreich geschnitten werden. Pflanzzeit ist übrigens im Herbst, wenn es nicht mehr so heiß ist. Dazu einfach ein Pflanzloch ausgraben, Boden lockern, Gras währenddessen mit Topf in einen Eimer Wasser stellen, bis keine Luftblasen mehr aufsteigen und anschließend in die Erde einsetzen – nicht tiefer als der Wurzelballen im Topf war, aber auch nicht höher. Zum Schluss heißt es gießen, gießen, gießen. Die Gräser wachsen schnell an und machen schon im ersten Herbst viel Freude. Und wird der nächste Sommer wieder so heiß und trocken, erfreut der Garten immer noch. Wird er wider Erwarten aber eher feucht, gibt’s auch kein Problem. Gräser können auch das! (Quelle: elegrass)