Die Gesundheit unserer Böden hängt maßgeblich mit dem Nährstoffgehalt unserer Lebensmittel und damit unmittelbar mit unserer eigenen Gesundheit zusammen – so eine der zentralen Aussagen eines gemeinsamen Positionspapiers von Experten aus Boden-, Agrar-, Biologie, Medizin- und Rechtswissenschaften sowie aus Landwirtschaft und Zivilgesellschaft.
Nahrungsmittel können einen erheblichen Mangel an Magnesium, Kalzium und Zink aufweisen, wenn sie auf landwirtschaftlichen Flächen mit degradierter Bodenbiodiversität angebaut werden. In den Medizinwissenschaften wird der Mangel an Nährstoffen und Mikroben in unserer Nahrung zunehmend als Mitursache der Epidemie nicht-übertragbarer Krankheiten benannt.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Du bist, was du isst – dieses alte Sprichwort gewinnt mit dem nun veröffentlichten Positionspapier eine neue Bedeutung. Es zeigt: Wenn unsere Böden weiter verarmen, ist die Qualität unserer Lebensmittel, unseres Wassers und damit unsere eigene Gesundheit in Gefahr. Einmal mehr wird deutlich: Der Schutz der biologischen Vielfalt unserer Böden gehört ins Zentrum des künftigen EU-Bodenschutzgesetzes. Lebendige Bodenökosysteme sichern nicht nur die Versorgung mit gesunden Lebensmitteln. Sie stabilisieren auch den Wasserhaushalt in Zeiten zunehmender Dürren und sind als Kohlenstoffspeicher ein wichtiger Verbündeter im Kampf gegen die Klimakrise.“
Auf Grundlage aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Bedeutung der Bodenbiodiversität benennt das Positionspapier vier zentrale Empfehlungen für die Ausgestaltung des EU-Bodenschutzgesetzes.
1. Die gesetzliche Definition zur Bodengesundheit muss auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und die funktionellen biologischen Eigenschaften des Bodens miteinbeziehen.
2. Es braucht ein flächendeckendes System zur Überwachung der Bodengesundheit, das die Funktionsweisen der Bodenbiodiversität einbezieht.
3. Standortbezogene Bodengesundheits-Zielgrößen in der Landwirtschaft sind essentiell, um die kontinuierliche Bodenentwicklung sichtbar zu machen und gezielte Regulierungs- und Fördermaßnahmen zu ermöglichen.
4. Bodengesundheitsbezirke sollten nicht allein anhand von Verwaltungszuständigkeiten definiert werden, sondern auch anhand ihrer Boden- und Klimabedingungen. Dies ermöglicht Lösungsansätze über Landesgrenzen hinaus und kann die europäische Integration zu einer regionalen kreislauffähigen Bioökonomie fördern.
Simon Krämer, NABU- Experte für Ernährungssystem- und Bodenpolitik: „Ein ehrgeiziges und fortschrittliches EU-Bodenschutzgesetz, das diese vier Empfehlungen einbezieht, könnte dazu beitragen, längerfristige Planungssicherheit für Landwirtinnen und Landwirte zu schaffen und so Transferkosten in regenerative Produktionssysteme mildern. Darüber hinaus kann es für fairere Wettbewerbsbedingungen im EU-Agrarsektor sorgen, die Widerstandsfähigkeit und Klimaanpassung der landwirtschaftlichen Produktion stärken und dabei helfen, eine regenerative und zukunftssichere europäische Landwirtschaft aufzubauen.“
Hintergrund
Lebendige Bodenökosysteme sind die Grundlage für die Artenvielfalt, den Wasser- und Nährstoffkreislauf und die Erzeugung von Nahrungsmittel. Doch 60 bis 70 Prozent der europäischen Böden sind laut Schätzung aktuell in schlechtem Zustand. In ihrer EU-Bodenstrategie für 2030 vom November 2021 formuliert die EU-Kommission die Vision, dass "bis 2050 alle Bodenökosysteme in der EU in einem gesunden Zustand und damit widerstandsfähiger sind, was in diesem Jahrzehnt ganz entscheidende Veränderungen erfordert". Mit dem EU-Bodengesundheitsgesetz (SHL) will die EU-Kommission den rechtlichen Rahmen schaffen, um die Ziele der Strategie zu erreichen. (NABU)