Steigerung der Potenz, Verzögerung des Alterungsprozesses, Wirkung gegen Krebs – im Internet werden Vitalpilze oft mit ihrer krankheitsbezogenen Wirkung beworben. In vielen Fällen entbehren diese Aussagen jedoch einer wissenschaftlichen Grundlage. In ihrer Stellungnahme vom 06.11.2014 kommt die Gemeinsame Expertenkommission von BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) und BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) zu dem Schluss, dass die Produkte der drei betrachteten Pilzarten, chinesischer Raupenpilz (Cordyceps sinensis), Schmetterlingstramete (Coriolus versicolor) und Lackporling (Ganoderma lucidum), von Verbrauchern nicht als Lebensmittel, sondern als Arzneimittel angesehen werden können und somit ihre medizinische Wirksamkeit und Unbedenklichkeit in einem Zulassungsverfahren belegt werden müssten.
Seit einigen Jahren nimmt der Anteil an sogenannten Vitalpilzen auf dem deutschen Markt stetig zu. Es handelt es sich dabei um Pilze, die – wenn überhaupt – zumeist nur aus der traditionellen chinesischen Medizin bekannt sind und in den meisten Fällen, z. B. aufgrund ihres Geschmacks, für den normalen Verzehr ungeeignet sind. Vitalpilze werden häufig zerkleinert oder pulverisiert in Kapseln oder als Extrakte als Nahrungsergänzungsmittel angeboten und vorwiegend über das Internet vertrieben.
Anhand der Verpackung ist für die Verbraucher häufig nicht ersichtlich, zu welcher Verwendung die Vitalpilzprodukte bestimmt sind. Im Internet werden die Pilze hingegen mit unterschiedlichen Heil- und Wirkversprechen beworben. Für Lebensmittel und somit auch Nahrungsergänzungsmittel ist eine krankheitsbezogene Werbung aber verboten. Den hier betrachteten Pilzarten, chinesischer Raupenpilz (Cordyceps sinensis), Schmetterlingstramete (Coriolus versicolor) und Lackporling (Ganoderma lucidum), wird etwa eine positive Wirkung bei Rheuma, Impotenz oder Depression zugeschrieben. Die Gemeinsame Expertenkommission von BVL und BfArM geht deshalb davon aus, dass ein durchschnittlich informierter Verbraucher Vitalpilzprodukte auch ohneexplizite Hinweise auf der Verpackung aufgrund der Bewerbung insbesondere im Internet mit einer medizinischen Wirkung in Verbindung bringt.
Die Expertenkommission ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Produkte der drei betrachteten Vitalpilzarten, chinesischer Raupenpilz (Cordyceps sinensis), Schmetterlingstramete (Coriolus versicolor) und Lackporling (Ganoderma lucidum), insbesondere dann unzulässig als Lebensmittel (Nahrungsergänzungsmittel) im Verkehr sind, wenn für eine konkrete Information zu dem einzelnen Produkt auf die allgemeinen Informationen im Internet zurückgegriffen werden muss. Die Kommission sieht die Gefahr, dass Verbraucher die Vitalpilzprodukte aufgrund der krankheitsbezogenen Bewerbung im Internet als Arzneimittel ansehen können. Entsprechend den Regelungen des Arzneimittelgesetzes müsste dann für diese Produkte die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit in einem Zulassungsverfahren nachgewiesen werden.
Die Stellungnahme der Expertenkommission soll dazu dienen, anderen Behörden, die direkt mit der Überwachung des Lebensmittel- oder Arzneimittelverkehrs befasst sind, zu helfen, diese Produkte zu bewerten und gegebenenfalls Maßnahmen zu ergreifen. Die Kommission besteht u.a. aus anerkannten, behördenexternen Wissenschaftlern, die in ihren Entscheidungen unabhängig sind. Die Geschäftsstelle der Kommission wird gemeinsam vom BVL und BfArM geleitet.
Hintergrund
Die Gemeinsame Expertenkommission wurde 2013 ressortübergreifend im Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingerichtet.
Hintergrund war, dass Stoffe, die bislang vorwiegend oder ausschließlich in Arzneimitteln verwendet wurden, vermehrt als Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten in Verkehr gebracht werden. Seitens der Behörden bestehen jedoch häufig Bedenken hinsichtlich der Sicherheit und der Verkehrsfähigkeit dieser Erzeugnisse als Lebensmittel.
Ziel dieser Gemeinsamen Expertenkommission ist es, als unabhängiges Gremium unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse und rechtlichen Vorgaben Kriterienkataloge, Entscheidungsbäume und Stellungnahmen zu erarbeiten, um mögliche Gesundheitsgefahren besser erkennen oder die Einstufung eines Stoffes als Arzneimittel erleichtern zu können.