Riesen-Bärenkla: Letzte Chance für eine Bekämpfung

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Zurzeit reifen die Früchte an einer der größten Blütenpflanzen im Ruhrgebiet, dem Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum). Die mitunter über drei Meter hohe Pflanze wird auch als Herkulesstaude oder Kaukasusstaude bezeichnet, denn sie ist ein sogenannter „Neophyt“, der ursprünglich aus der Kaukasusregion stammt. Seine hier bei uns einheimische Verwandtschaft, der Bärenklau (Heracleum sphondylium) bleibt mit rund 1,5 m Wuchshöhe um rund die Hälfte kleiner. Den Riesenbärenklau kennzeichnet eine Besonderheit: Sein Milchsaft in Stängeln und Blättern kann auf der menschlichen Haut in Verbindung mit Sonnenlicht regelrechte Verbrennungen erzeugen. Deswegen gehört die Art – ähnlich wie z.B. die Heuschnupfen-Allergie auslösende Beifußambrosie – zu den wenigen problematischen Neophyten, die bekämpft werden. Wenn die Pflanze dort wächst, wo Konflikte mit Menschen vorprogrammiert sind, wie z.B. an Kindergärten, Spielplätzen oder in Grünanlagen, sollte sie vorrangig entfernt werden. Auf jeden Fall sollten Blüten und Samen vernichtet werden, damit sie sich nicht weiter vermehren kann. Jetzt, im August, wenn die Samen reif sind, ist die letzte Möglichkeit dazu. Denn sind die Samen erst einmal im Boden, keimen dort auch in den nächsten Jahren viele neue Pflanzen!

Zum Riesen-Bärenklau:
Der Riesen-Bärenklau ist eine drei- bis fünfjährige Staude; das heißt nach der Keimung im Frühjahr entwickelt sich eine Blattrosette, die im dritten, spätestens im fünften Jahr einen Blüten-tragenden Stängel hervorbringt. Wird der Blütenstängel vor der Samenreife abgeschnitten oder sonst wie am Blühen und Fruchten gehindert, entwickelt die Pflanze sich zur mehrjährigen Staude, d.h. sie treibt auch im Folgejahr wieder Blüten. Nach der Samenreife stirbt sie ab und muss sich aus Samen neu entwickeln, um sich am Standort zu behaupten. Im Boden entwickelt sich eine 10 bis 15 cm dicke und bis zu 60 cm lange Pfahlwurzel, die Nährstoffe speichert und nach Verletzung, Beweidung oder Mahd für schnellen Wiederaustrieb und neue Blütenstände sorgt. Eine Pflanze bildet durchschnittlich 20.000 (bis zu über 100.000) reife Samen. Sie fallen Ende August bis Oktober in der Nähe der Mutterpflanze zu Boden oder werden im Überschwemmungsbereich durch Wasser verbreitet. Die meisten Samen keimen nach einer Kälteperiode im ersten Frühjahr. Nur ca. 8% überleben für mehr als ein Jahr im Boden, zwei Drittel hiervon sogar mehr als zwei Jahre. Die absolute Lebensdauer der Samen ist nicht bekannt, allerdings kann eine einzige erfolgreich gekeimte Pflanze eine neue Population begründen.

Herkunft
Heracleum mantegazzianum stammt aus dem Westkaukasus, wo sie in Hochstaudenfluren gemeinsam mit anderen Stauden wächst. In Europa tauchte sie bereits 1817 in einer Samenliste des Botanischen Gartens Kew in London auf. 1829 wurden erstmals Verwilderungen in Großbritannien nachgewiesen, in Deutschland um 1850. In vielen europäischen Ländern, wo der Riesen-Bärenklau wie in Großbritannien als Zierpflanze verbreitet wurde, sind ebenfalls Nachweise vor 1900 dokumentiert. Die Pflanze wurde wegen ihres Blütenreichtums und der Massenentwicklung auch als Trachtpflanze für die Bienenweide von Imkern und als Deckungspflanze von Jägern empfohlen und in der freien Landschaft ausgesät. Heute werden die Samen neben der Verbreitung entlang von Verkehrswegen (durch Winddrift, im Reifenprofil, durch Kettenfahrzeuge) und an Bächen und Flüssen (Verdriftung im Wasser) vor allem durch Erdtransporte verbreitet, z.B. bei Baumaßnahmen, beim Schälen von Straßenbanketten, beim Ausbessern von Hochwasserschäden etc.

Vorkommen in NRW
In Nordrhein-Westfalen sind vor allem die Flüsse Ruhr und die südlichen Zuflüsse (Lenne, Bigge, Volme, Ennepe, Wupper) stark mit Riesen-Bärenklau (und anderen Neophyten) besiedelt. Insbesondere an den Ufern der Ruhr im südlichen Ruhrgebiet ist streckenweise jeder nicht kultivierte Quadratmeter außerhalb der Wälder mit Riesen-Bärenklau bedeckt. Angewiesen auf gestörte vegetationsfreie Plätze und Brachflächen hat sie besonders schnell verbreitet im Ballungsraum Rhein-Ruhr und am Rande, wo rege Bautätigkeit herrscht und die Landwirtschaft einem starken Wandel unterzogen ist. Die Pflanze breitet sich aktuell am Niederrhein, in der Rheinischen Bucht, in Ostwestfalen, den höheren Mittelgebirgen und im Münsterland weiter stark aus. Regionen mit früh einsetzender systematischer Bekämpfung scheinen weniger betroffen zu sein. (LANUV)