Was machen Ameisen, wenn die Natur ruft? Wo verrichten sie ihr Geschäft? Wissenschaftler vom Institut für Zoologie der Universität Regensburg sind diesen Fragen nachgegangen. Mit einem erstaunlichen Ergebnis: Die Forscher konnten zeigen, dass Ameisen in ihrem Nest Toiletten benutzen. Dazu fütterten sie Ameisen mit gefärbtem Zuckerwasser. Entsprechend verfärbten sich danach einzelne Stellen im Nest. Die Positionen dieser „sanitären Anlagen“ folgen zudem einem Muster. Fast alle Ameisen verlegten ihre Toiletten in Eckpunkte des jeweiligen Nests. Die Ergebnisse der Studie werden in der nächsten Woche in der renommierten Fachzeitschrift „PLoS ONE“ erscheinen.
„Für Ameisen, die genau wie Menschen in dicht gedrängten Gemeinschaften leben, ist Hygiene ein großes Problem“, betont Dr. Tomer Czaczkes, der die Regensburger Studie geleitet hat. „Normalerweise halten sie deshalb ihr Nest sehr sauber und werfen Müll und Abfälle – auch Leichen – zügig aus ihrer Behausung.“ Allerdings machte Czaczkes gemeinsam mit Prof. Dr. Jürgen Heinze und Prof. Dr. Joachim Ruther eine verblüffende Entdeckung. In den weißen Nestern aus Gips, in denen sie Ameisen hielten, bildeten sich häufig deutlich braune Flecken, die verdächtig nach Fäkalien aussahen.
Um dieser Beobachtung auf den Grund zu gehen, gaben die Forscher den Ameisen Zuckerwasser als Futter, das entweder mit roter oder blauer Nahrungsmittelfarbe eingefärbt war. Das Resultat war eindeutig: In jedem Nest verfärbten sich eine oder zwei Ecken; und zwar in der Farbe, mit der das jeweilige Zuckerwasser koloriert wurde.
Die Regensburger Forscher sind sich aber nicht sicher, warum die Ameisen dieses Verhalten an den Tag legen. Warum gehen sie nicht nach draußen, um ihre Notdurft zu erledigen? „Hier stehen wir noch vor einem Rätsel“, gibt Czaczkes zu. „Gerade auch vor dem Hintergrund, dass einige Ameisenarten ihren Bau sogar mit Säure sterilisieren, um penibel für Sauberkeit zu sorgen.“
Die Zoologen vermuten, dass die Fäkalien vielleicht einen gewissen Nutzen für die Ameisen haben könnten. „Einzelne Insekten nutzen Fäkalien als Verteidigungswaffe, Baumaterial, Wegmarkierung oder als Dünger für ihre Pflanzen“, erklärt Czaczkes. Somit ist es denkbar, dass die erstmals nachgewiesenen Ameisen-Toiletten als Lager für nützliche Nährstoffe dienen. „Möglich ist aber natürlich auch, dass die Ameisen einfach keine Lust haben, draußen auf die Toilette zu gehen“, so Czaczkes.