Bei den Stauden ist es wie bei den Menschen: Einige haben gerne ihre Ruhe und mögen keine Veränderungen, andere hingegen sind neugierig und unternehmungslustig. Letztere kann man natürlich trotzdem gezielt an eine bestimmte Stelle pflanzen – aber wenn sie dürfen, wie sie wollen, schauen sich Fingerhut (Digitalis), Prachtkerze (Gaura) und Co. gerne ein bisschen im Garten um. Zum Glück, findet Doris Ehrhardt von der Gärtnerei Ehrhardt Stauden im mittelfränkischen Weisendorf. „Nicht alles bis ins kleinste Detail zu planen, sondern auch bewusst auf den Zufall zu vertrauen, das hat im Garten einen ganz besonderen Reiz. Arten wie der Akelei, Aquilegia vulgaris, oder der Purpur-Witwenblume, Knautia macedonica, möchte ich fast schon gestalterische Ambitionen unterstellen: Ihr Samen fällt oft stilsicher in die richtige Lücke und erzielt hinreißende Farbakzente!“
Spannende Dynamik
Die liebenswerten Vagabunden gestalterisch richtig einzubinden, erfordert zwar ein wenig Übung, ist aber auch kein Hexenwerk. „Wichtig ist eine Grundstruktur aus Gräsern, Blattschmuckpflanzen und langlebigen Blütenstauden. Innerhalb dieses Gerüsts dürfen sich dann die eher kurzlebigen selbstversamenden Arten tummeln – in Maßen“, erklärt Doris Ehrhardt. Einige der attraktiven Zauberkünstler erscheinen Jahr für Jahr in genau der richtigen Dosierung, bei anderen greift die Staudenexpertin auch in ihrem eigenen Garten ordnend ein. „Je abwechslungsreicher der Garten gestaltet ist, umso mehr Samenfresser wie Vögel und Ameisen stellen sich ein, und desto weniger hat man selbst zu tun. Ich warte in der Regel ab, bis sich im Beet die ersten Sämlinge zeigen, und reduziere diese dann gezielt. Lediglich bei sich sehr stark versamenden Arten wie der Lichtnelke, Lychnis coronaria, oder dem Natternkopf, Echium vulgare, entferne ich schon direkt nach der Blüte mit der Schere einen Teil der Samenansätze.“
Aus der Trickkiste der Profigärtner
Bei einigen wunderschönen, aber auch sehr raumgreifenden Arten kann man das Problem der übermäßigen Ausbreitung auch elegant umgehen. „Die Kleinblütige Bergminze, Calamintha nepeta, beispielsweise versamt sich wirklich unglaublich. Hier empfehle ich, auf Züchtungen zurückzugreifen, die keine keimfähigen Samen bilden – bei Calamintha etwa auf die Sorte ‚Triumphator’“, sagt Doris Ehrhardt. Solche gärtnerischen Sorten bieten zudem oft noch weitere Vorteile wie eine besonders lange Blütezeit, intensivere Farben, eine niedrigere oder gleichmäßigere Wuchshöhe und sie sind besonders langlebig, standfest und robust. „Vielen unserer Kundinnen und Kunden ist auch die Sortenechtheit sehr wichtig, etwa weil sie einen Gartenbereich in einem bestimmten Farbton gestalten möchten. Sprösslinge aus Samen von nicht sortenechten Pflanzen sehen zum Teil in Farbe und Gestalt ganz unterschiedlich aus. Mit vegetativ, also zum Beispiel über Stecklinge, vermehrten Exemplare aus der Gärtnerei ist man auf der sicheren Seite; sie besitzen dieselben Eigenschaften wie die Mutterpflanze.“ Planbarkeit und Überraschungseffekte, ein gelungener Garten braucht eben beides. (GMH)