Das Wildbienensterben stoppen: Unter welchen Bedingungen kehren die Bestäuber zurück?

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Wildbienen haben eine wichtige Funktion im Ökosystem, doch zahlreiche Arten sind bedroht. Im Projekt BienABest erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Prof. Manfred Ayasse von der Universität Ulm, unter welchen Bedingungen die Bestäuber zurückkehren. Zudem erhoffen sie sich Rückschlüsse auf Ursachen des Massensterbens. Anhand der neuen Erkenntnisse sollen gemeinsam mit dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI) bundesweit verfügbare VDI-Richtlinien festgeschrieben werden. Als weiteres Projektziel wird die breite Öffentlichkeit über den Nutzen der Wildbienen informiert.

Als Bestäuber erfüllen Wild- und Honigbienen in der Natur eine wichtige Aufgabe. Doch mittlerweile stehen mehr als die Hälfte der Wildbienenarten auf der Roten Liste: Vor allem in der Agrarlandschaft sind die Insekten und somit die Biodiversität stark gefährdet. Im Projekt BienABest wollen Ulmer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Professor Manfred Ayasse zusammen mit dem Verbundpartner Verein Deutscher Ingenieure (VDI e.V.) Wildbienenweiden sowie Nistgelegenheiten anlegen und so optimieren, dass die Bestände der gefährdeten Arten langfristig gesichert werden können. Im Zuge des Projekts erhoffen sie sich auch Rückschlüsse auf Ursachen des Bienensterbens – von fehlenden Nahrungspflanzen bis zu Pestiziden. Das sechsjährige Projekt BienABest wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz gefördert. Die Mittel stellt das Bundesumweltministerium zur Verfügung

Wildbienen spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem – auch bei der Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte. Dabei sind einige Arten hochspezialisiert und nutzen im Extremfall nur Blüten einer einzigen Pflanzenart zur Pollen- und Nektaraufnahme. Im Projekt BienABest untersucht die Gruppe um Ayasse an 20 Standorten in ganz Deutschland, unter welchen Bedingungen Wildbienen ausbleiben – und wann sie zurückkehren. In der Agrarlandschaft schaffen die Biologen deshalb ideale Bedingungen und legen insgesamt 60 „Wildbienenweiden“ mit heimischen Kräutern, einzelnen Kulturpflanzen und Nisthügeln in der Flugdistanz zu naturnahen wildkräuterreichen Wildbienenhabitaten an. Speziell für diese neu angelegten Flächen entwickeln sie idealtypische einheimische Saatgutmischungen. „An diesen Wildbienenweiden und an konventionellen sowie naturnahen Referenzflächen in der Umgebung werden Bienen beobachtet, erfasst und ihre Art mit bestandschonenden Methoden bestimmt“, erklärt Professor Manfred Ayasse vom Institut für Evolutionsökologie und Naturschutzgenomik der Universität Ulm. Darüber hinaus analysiert die Forschergruppe Bodenproben auf das Vorkommen von Pestiziden und erhebt weitere Umwelt- und Landnutzungsparameter. Mit den so gewonnenen Daten wollen sie zum einen das Bienenvorkommen an den verschiedenen Lokalitäten erfassen und zum anderen auf das ideale Nahrungs- und Nisthabitat der Insekten schließen. Anhand dieser Erkenntnisse sollen bisher eingesetzte wildbienenunterstützende Maßnahmen überprüft und Richtlinien für die Anpflanzung „idealer“ Bienenweiden erstellt werden. Zusätzlich erlaubt die Untersuchung wichtige Rückschlüsse auf den Einfluss von intensiver Landnutzung oder etwa Umweltgiften.

Außerdem planen die Partner, im Zuge des Projekts eine standardisierte Erfassungsmethode und einen Wildbienen-Bestimmungsschlüssel zu entwickeln. Wie können Wildbienenbestände systematisch erhoben und bestimmt werden, ohne ihr Leben zu gefährden? „Hierzu wollen wir einen auf Fotos und Abbildungen basierenden Schlüssel als App für Smartphones und Tablet-PCs erstellen, der die Artbestimmung im Gelände ermöglicht und somit auf längere Sicht Aussagen über die Bestandsentwicklung erlaubt“, erklärt Ayasse. Zusammen mit dem Verein Deutscher Ingenieure sollen Erfassungsmethode und Feldbestimmungsschlüssel standardisiert und in bundesweit verfügbaren VDI-Richtlinien festgeschrieben werden. Zukünftig stehen diese Richtlinien als Grundlage für ein systematisches Langzeitmonitoring von Wildbienen zur Verfügung. Um den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Erfassung und Bestimmung von Wildbienen auszubilden, erstellen die Biologen zudem Schulungsunterlagen.

Darüber hinaus bauen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stark auf Öffentlichkeitsarbeit. Ihre Erkenntnisse sollen nicht nur in Fachzeitschriften publiziert werden, sondern zum Beispiel auch – zielgruppengerecht aufbereitet – in den sozialen Medien. So wird die breite Bevölkerung über den Nutzen von Wildbienen und mögliche Schutzmaßnahmen informiert. Das Gesamtprojekt „Standardisierte Erfassung von Wildbienen zur Evaluierung des Bestäuberpotentials in der Agrarlandschaft“ (BienABest) soll dazu beitragen, dass Wildbienen schon bald wieder alltäglich sind und ihrer wichtigen Aufgabe als Bestäuber nachkommen können. Ein Projektbeirat des VDI begleitet und evaluiert das Vorhaben. (Universität Ulm)