Eine genetische Variante des Flügeldeformationsvirus ist nach Erkenntnissen einer internationalen Forschergruppe gefährlicher für Honigbienen als der ursprüngliche Virusstamm. Die Studie entstand unter Federführung der Freien Universität Berlin und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Der aufgekommene Virenstamm könne für Bienen weltweit eine Bedrohung darstellen und sei womöglich schon in weiten Teilen Europas verbreitet. Die Ergebnisse der Studie wurden in der jüngsten Ausgabe der internationalen Fachzeitschrift „Proceedings of the Royal Society of London B“ veröffentlicht.
Honigbienen sind als Bestäuber vieler Wild- und Kulturpflanzen unverzichtbar für den Fruchtertrag vieler Pflanzen und den Erhalt der Biodiversität. Der Verlust von Bienenvölkern wird daher von Experten weltweit mit Sorge beobachtet. Das Flügeldeformationsvirus (DWV) kann bei Bienen unter anderem zu verkrüppelten Flügeln führen. Wenn die Varroa-Milbe – die als größter Bienenschädling gilt – das Virus überträgt, kann die Infektion auf ganze Bienenvölker übergehen.
Das Virus tritt in mindestens zwei genetischen Variationen auf: DWV-A und DWV-B. Die Forschergruppe um Prof. Dr. Dino McMahon von der Freien Universität Berlin und der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung sowie Prof. Dr. Robert Paxton von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und dem Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig konnte erstmals zeigen, dass DWV-B verheerend auf die Honigbiene wirkt: Es tötet die Bienen schneller als DWV-A. Für ihre Forschung untersuchten die Wissenschaftler Bienen aus verschiedenen Teilen Großbritanniens und Deutschlands auf das Virus. Ein großer Teil der untersuchten Insekten war von DVA-B befallen.
Die Gruppe der Wissenschaftler betont, wie wichtig es sei, die Krankheitserreger der Bienen genau zu identifizieren und zu beschreiben. „Das von Varroa-Milben übertragene Flügeldeformationsvirus, das maßgeblich den Rückgang der Honigbienen verursacht, besteht aus unterschiedlichen Stämmen“, sagt Dino McMahon, der die Studie gemeinsam mit Dr. Myrsini E. Natsopoulou von der Universität Kopenhagen leitete. „Wichtig ist die Erkenntnis, dass die neu aufgekommene Form DWV-B ansteckender ist als die weltweit verbreitete Form DWV-A.“ Robert Paxton hebt hervor: „Das Auftauchen des Genotyps DWV-B in Europa könnte der Grund für das vermehrte Sterben von Bienenvölkern im vergangenen Jahrzehnt sein.“
„Zudem zeigt unsere Studie, wie sich diese Virusvariante geografisch in Großbritannien verteilt“, erläutert Koautor Prof Dr. Mark J. F. Brown von der Royal Holloway University of London. „Dies kann dazu beitragen, regionale Unterschiede in der Bienensterblichkeit zu erklären.“ (Freie Universität Berlin)