Forschung: Artenvielfalt als Grundlage unserer Existenz

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Wie sieht die Verteilung der Biodiversität auf unserem Planeten aus? Wo finden wir die Hauptzentren der Biodiversität? Wie ändert sich die Biodiversität durch den Klimawandel? Wo sterben besonders viele Arten aus? Wie lässt sich die Natur als Ideengeber für technische Projekte nutzen? Solchen Fragen widmete sich in den vergangenen zwölf Jahren das Langzeitvorhaben „Biodiversität im Wandel“ an der Universität Bonn, das von der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz gefördert wurde.

Unser Planet besticht durch seine ungeheure Artenvielfalt. Von geschätzt etwa zehn Millionen Pflanzen- und Tierarten sind nur rund 1,8 Mio. wissenschaftlich erfasst. „Sie sind die Grundlage unserer Existenz, weil sie das Erdklima stabilisieren und uns Nahrung und Atemluft verschaffen“, sagt Prof. em. Wilhelm Barthlott, ehemaliger Direktor der Botanischen Gärten und Gründungsdirektor des Nees-Instituts für Biodiversität der Pflanzen der Universität Bonn. „Vieles deutet darauf hin, dass wir vor einer Aussterbekatastrophe erdgeschichtlichen Ausmaßes stehen.“

Die Arbeitsgruppe von Prof. Barthlott hat sich seit Jahren mit der Erfassung der sich dramatisch verarmenden Diversität, ihrer globalen Verteilung, aber auch ihrer technischen Anwendung befasst. In dem gemeinsam mit der Akademie der Wissenschaften und der Literatur zu Mainz von 2001 bis 2014 in Bonn erfolgreich durchgeführten Langzeitvorhaben „Biodiversität im Wandel“ wurden verschiedene Fragenkomplexe untersucht. Die Erstellung einer Weltkarte der Biodiversität war ein zentrales Anliegen. Darauf basierend berechneten die Wissenschaftler Szenarien, wie sich die Biodiversität mit dem beginnenden Klimawandel verändert.

Isolation führt zur Artentwicklung
Eine wichtige Rolle für die Biodiversität spielen Inseln: Sie umfassen nur fünf Prozent der Landfläche, beherbergen aber allein etwa 25% aller Pflanzenarten. Als weitere Schwerpunkte in dem Akademieprojekt untersuchten die Wissenschaftler zum Beispiel „Inselberge“ in den Regenwäldern, die wie Eilande weitgehend abgeschottet von der Umgebung eine ganz eigene Artenentwicklung durchlaufen. Dazu zählt beispielweise der Zuckerhut von Rio de Janeiro, der Kugelkakteen beherbergt.

Darüber hinaus dient die Natur dem Menschen als Ideengeber: Dazu zählt zum Beispiel die Selbstreinigungsfähigkeit von Lotusblättern, deren Grundlagen von Prof. Barthlott beschrieben wurden. Inzwischen gibt es zahlreiche auf diesen Lotuseffekt basierende Anwendungen – von der Fassadenfarbe bis zu Gläsern. Auch dient der unscheinbare Schwimmfarn Salvinia, der permanent eine dicke Luftschicht unter Wasser hält, als Vorbild für treibstoffsparende Schiffsbeschichtungen.

Rund 480 Publikationen in zwölf Jahren
Viele weitere Ergebnisse aus dem Vorhaben wurden in den rund 480 Publikationen – darunter 25 Bücher – veröffentlicht. Zu den publizierten Entdeckungen zählen zum Beispiel fleischfressende Pflanzen, die sich auf Einzeller aus dem Boden als Beute spezialisiert haben. Oder dass sich die drei Meter hohe Blütensäule der Titanenwurz in der Nacht rhythmisch alle halbe Stunde auf 40 Grad Celsius aufheizt und ihren Aasgeruch verströmt, um Bestäuber in den Regenwäldern von Sumatra anzulocken. „Im Verlauf des Projektes wurden hunderte neue Pflanzenarten entdeckt, sogar Gattungen und eine Familie“, berichtet Prof. Barthlott. Dazu zählen auch vier neue Drachenbaumarten aus dem tropischen Afrika.  (Universität Bonn)