Gleichartiger genetischer Mechanismus bei Blütenpflanzen und Moosen geht auf gemeinsame Vorfahren zurück.
Ein internationales Forschungsteam hat aufgedeckt, welcher genetische Mechanismus die evolutionäre Entwicklung von Stomata – Spaltöffnungen, über die Pflanzen Kohlendioxid aufnehmen sowie Wasserdampf und Sauerstoff abgeben – ursprünglich ermöglicht hat. Dies gelang den Forscherinnen und Forschern, indem sie den für Blütenpflanzen wie die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) schon zuvor bekannten Vorgang im Kleinen Blasenmützenmoos (Physcomitrella patens) entschlüsselten und dabei Parallelen aufzeigten, die sie auf einen gemeinsamen Vorfahren von Blütenpflanze und Moos zurückführen. Das Team unter der Leitung der Biologen Prof. Dr. Ralf Reski von der Universität Freiburg und Prof. David J. Beerling von der Universität Sheffield/England hat seine Ergebnisse in der Fachzeitschrift Nature Plants veröffentlicht.
Stomata entstanden vor über 400 Mio. Jahren, als die ersten Pflanzen die zuvor lebensfeindlichen Landmassen besiedelten. Da die Spaltöffnungen einen effizienten Gasaustausch mit der Atmosphäre ermöglichen, waren sie die Voraussetzung für die Ausbreitung der Pflanzen und damit die Entstehung eines komplexen Ökosystems auf dem Festland. Im Unterschied zu den höher entwickelten, durch Wurzeln, Sprossachse und Blätter gekennzeichneten Gefäßpflanzen, die Leitbündel für den Transport von Wasser und Nährstoffen aufweisen, war es bei Moosen, die in der Regel kein Leitgewebe ausbilden, bislang unklar, welche Gene für die Entwicklung von Stomata verantwortlich sind. Wie die Forscher nun zeigten, gibt das Zusammenwirken der beiden Proteine PpSMF1 und PpSCRM1 im Kleinen Blasenmützenmoos das Startsignal für die Ausbildung der Spaltöffnungen. Der Nachweis gelang unter anderem, indem die Forscher die zugrunde liegenden Gene deaktivierten und so Moose ohne Spaltöffnungen erzeugten. Darüber hinaus legten sie dar, dass der Vorgang im Kleinen Blasenmützenmoos dem Zusammenwirken der Proteine MUTE und FAMA entspricht, das die Ausbildung von Stomata in der Ackerschmalwand auslöst. Die Gene, die jeweils den Bauplan für die Proteine liefern, sind folglich auf gemeinsame Vorfahren der Moose und der Blütenpflanze zurückzuführen – auf jene Ur-Landpflanzen also, welche die Grundlage für alle weitere Entwicklung des Lebens auf dem Festland schufen.
„Mit diesen Ergebnissen konnten wir belegen, dass die Entwicklung von Stomata vor über 400 Millionen Jahren erfolgte und der Entwicklung von Wurzeln, Sprossen und Blättern vorausging“, erläutert Reski. „Diese evolutionäre Innovation hat die weltweiten Kreisläufe von Kohlenstoff, Wasser und Energie fundamental verändert und so das Leben auf dem Festland erst ermöglicht, auch das von uns Menschen.“
Ralf Reski ist Inhaber der Professur für Pflanzenbiotechnologie an der Fakultät für Biologie der Albert-Ludwigs-Universität und Gründungsmitglied des Freiburger Exzellenzclusters BIOSS Centre for Biological Signalling Studies.
An dieser Studie waren auch Arbeitsgruppen der LMU München, der Universität Leeds/England, der Universität von Michigan/USA und der Stanford Universität/USA beteiligt. (Uni Freiburg)