Forschung: Vogelkunde per App

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„Amsel, Drossel, Fink und Star und die ganze Vogelschar“ heißt es in einem bekannten Frühlingslied. Doch kaum jemand – abgesehen von Ornithologen und Hobbyvogelkundlern – wird noch deutlich mehr Vogelarten der hier benannten Schar aufzählen können, geschweige denn, sie im Wald auf den ersten Blick erkennen. Bald könnte allerdings das Smartphone dabei helfen, unbekannte Tier- und Pflanzenarten zu identifizieren. Informatiker der Friedrich-Schiller-Universität Jena haben ein Verfahren entwickelt, das die Tiere und Pflanzen visuell erkennt und automatisch der Art zuordnet.

Am Lehrstuhl Digitale Bildverarbeitung von Prof. Dr. Joachim Denzler haben Dr. Erik Rodner und der Doktorand Marcel Simon einen Algorithmus entworfen, der es dem Computer ermöglicht, das Aussehen der verschiedenen Tier- und Pflanzenarten automatisch von Internetbildern zu lernen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt mit dem Titel „Visuelle fein-granulare Objekterkennung“, das die Verbesserung der Algorithmen zum Ziel hat, für die nächsten drei Jahre mit einer Summe von 267.000 Euro. Damit wird u. a. der Austausch innerhalb der bestehenden Kooperation mit der University of California, Berkeley unterstützt. „Die Bilderkennung soll nicht nur noch genauer werden, wir möchten auch die Information automatisch liefern können, aufgrund welcher Kriterien der Computer klassifiziert“, erläutert Projektleiter Erik Rodner.

Bei der visuellen feingranularen Objekterkennung kommen Deep Learning und Big Data-Methoden zum Einsatz, wie sie u. a. bei der Spracherkennung von Apple oder Google für die Musteranalyse verwendet werden. Sein Wissen schöpft der Computer mithilfe des Lernalgorithmus aus Datenbanken, die aus einer Vielzahl an Internetbildern bestehen. „Da der Computer die typischen Posen der Tiere gelernt hat, kann er zum Beispiel Vögel oder Hunde auch in der Bewegung erkennen und einordnen“, so Erik Rodner. Die Algorithmen lassen sich dabei nicht nur für die Biodiversitätsforschung im Big Data-Bereich einsetzen, sondern zum Beispiel auch bei der intelligenten Produktsuche. So wie der Computer künftig zwischen verschiedenen Tier- und Pflanzenarten unterscheiden kann, soll er dann ebenfalls in der Lage sein, Modeartikel einzuordnen.

Mit dem in vorherigen Arbeiten entstandenen leistungsfähigen Algorithmus sind die Informatiker der Universität Jena bereits auf Augenhöhe mit namhaften Forschergruppen aus Oxford oder von Google. „Bereits wenige Tage nach der Onlinepublikation des Verfahrens wurden unsere Ergebnisse von anderen Gruppen aufgenommen und zitiert“, freut sich Doktorand Marcel Simon. Das liege v. a. daran, dass das Verfahren schon jetzt sehr genau ist und ganz neue Möglichkeiten der Quantifizierung visueller Daten besonders für das automatische Monitoring bei der Biodiversitätsforschung eröffnet. (Universität Jena)