Die in Australien heimische Acacia longifolia ist eine Akazienart aus der Familie der Schmetterlingsblüter, die in Portugal zunächst zur Befestigung von Dünen sowie als Zierpflanze kultiviert wurde und sich jetzt unkontrolliert ausbreitet – was sich auf einheimische Arten unterschiedlich auswirkt. Da sie aufgrund einer Symbiose mit Bakterien an ihren Wurzeln Stickstoff aus der Luft nutzen kann, schnell wächst und viel Biomasse produziert, reichert sie das natürlicherweise nährstoffarme Dünenökosystem mit Stickstoff an und hat damit eine unerwünschte Düngewirkung. Außerdem nutzt sie mehr Wasser als einheimische Arten. Die Ökologinnen Prof. Dr. Christiane Werner und Christine Hellmann sowie der Ökologe Dr. Jens Oldeland stellen im Fachmagazin „PLOS ONE“ einen neuen Ansatz vor, um zu bestimmen, in welchen räumlichen Gebieten die Akazie mit einheimischen Arten interagiert. Das Team hat dabei festgestellt, dass die eingewanderte Art manche einheimischen Pflanzen in der Entwicklung beeinträchtigt, während andere unbeeinflusst bleiben oder sogar besser gedeihen.
Die Interaktionen zwischen Pflanzen und ihrer belebten und unbelebten Umwelt bestimmen maßgeblich die Struktur und Funktion von Ökosystemen. Um die Stärke und den räumlichen Einflussbereich solcher Interaktionen zu bestimmen, nutzt das Forschungsteam stabile Isotope – schwere, nicht-radioaktive Formen von Elementen. Wie oft diese in Materialien im Verhältnis zu den viel häufigeren leichten Isotopen vorkommen, kann zum Beispiel räumlich variieren. Ein gemessenes Isotopenverhältnis kann deshalb Auskunft darüber geben, wo und wie ein Material entstanden ist.
So genannte „Isoscapes“, abgeleitet von „isotope“ und „landscape“, stellen zudem in Karten dar, wie sich Isotope räumlich in einer Landschaft verteilen. Das Team hat Isoscapes auf Grundlage von Blattmaterial einheimischer Arten verwendet, um zu zeigen, wo der Anteil an Stickstoff, der von der Akazie eingetragen wird, hoch ist und wo die eingewanderte Art das Wachstum anderer Arten beeinflusst: positiv durch zusätzlichen Stickstoff oder negativ durch Konkurrenz um Wasser. So offenbart etwa ein Zwergstrauch aus der Familie der Heidekrautgewächse in einem größeren Radius um die Akazie herum deutlich erhöhte Stickstoffkonzentrationen sowie eine effizientere Photosynthese. Dagegen nutzt eine Pinie zwar den zusätzlichen Stickstoff, aber in sehr geringen Mengen. Ein Zwergstrauch aus der Familie der Schmetterlingsblüter wiederum, der ebenfalls fixierten Luftstickstoff nutzen kann, bleibt von der Akazie gänzlich unbeeinflusst.
Aus den Ergebnissen folgt: Die Interaktion der Akazie mit den einheimischen Pflanzen ist artspezifisch. Zusätzlich unterscheidet sich der Einfluss je nach Maß, etwa Stickstoff- oder Wasserhaushalt. Um aus solchen Informationen eine Karte zu erstellen, die die verschiedenen Aspekte integriert, haben die Wissenschaftler in einem weiteren Schritt eine Clusteranalyse angewendet. Dieses statistische Verfahren findet Untergruppen in dem beprobten Gebiet, die eine ähnliche Kombination der gemessenen Werte aufweisen und so als Einflusszonen interpretierbar sind. Ziel ist, mit diesen Methoden dazu beizutragen, vielschichtige Zusammenhänge und Dynamiken in natürlichen Ökosystemen besser zu beschreiben, aufzuklären und zu verstehen.
Christiane Werner ist Professorin für Ökosystemphysiologie an der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen der Universität Freiburg. Ihre Doktorandin Christine Hellmann forscht an der Universität Bielefeld, Jens Oldeland ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Hamburg. (Uni Freiburg)