Forschung: Wie Pflanzen einen eigenen Weg der Zellteilung erfunden haben

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Biologen der Universität Tübingen verfolgen den Weg molekularer Maschinerien in der Evolution von der Alge zur Blütenpflanze
Zellteilung ist eine grundlegende Eigenschaft des Lebens: Einzeller wie zum Beispiel Bakterien vermehren sich durch Zellteilung, Vielzeller wachsen und entwickeln sich dadurch. Bei Vielzellern gibt es zwei verschiedene Strategien, die Zelle zu teilen. Eine verfolgen Mensch, Tier und Pilz – die andere findet sich nur bei Pflanzen. Dr. Misoon Park und Professor Gerd Jürgens vom Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen der Universität Tübingen haben die molekulare Maschinerie hinter der Zellteilung der Pflanzen erforscht und können nun den eigenen Weg nachzeichnen, den vor allem die Blütenpflanzen in der Evolution dabei genommen haben. Ihre Studie wurde in der Fachzeitschrift Developmental Cell veröffentlicht.

Bei der Zellteilung von Mensch, Tieren und den damit verwandten Pilzen wird die Zellmembran eingeschnürt und zum Schluss die Verbindung zwischen den Tochterzellen in der Mitte kontrolliert abgeschnürt. Bei Pflanzen hingegen werden Unmengen von winzigen Membranbläschen, die sogenannten Vesikel, in die Mitte der Teilungsebene transportiert. Dort verschmelzen sie kontrolliert miteinander zu einer dünnen Zellplatte, die anfänglich wie eine Scheibe Schweizer Käse aussieht. Diese Platte wächst nach außen, indem später ankommende Vesikel an den Rand der wachsenden Zellplatte geliefert werden und der Rand schließlich mit der Zellmembran verschmilzt; damit sind die Tochterzellen getrennt. „Diese ganz andere Strategie der Zellteilung ist in der Evolution entstanden, noch bevor aus Algen die ersten Landpflanzen hervorgegangen sind“, erklärt Jürgens.

Molekulare Maschinerie in neuer Verwendung
Von bisherigen Untersuchungen an Blütenpflanzen war bekannt, dass es eine spezielle molekulare Maschinerie gibt, die die Membranvesikel miteinander und mit der Zellplatte verschmilzt. „Eine wichtige Komponente dieser Maschinerie gibt es aber nur bei Blütenpflanzen, nicht bei anderen Landpflanzen wie zum Beispiel Moosen oder Algen“, sagt Jürgens. In ihrer neuen Studie hat er gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe durch Ausschalten einzelner Gene verfolgt, wo diese molekulare Maschinerie zu finden ist und wofür sie eingesetzt wird.

„Diese Maschinerie war ursprünglich nicht auf die Zellteilung spezialisiert“, fasst Park die Ergebnisse zusammen. Algen haben sie zunächst genutzt, um Vesikel mit der Zellmembran zu verschmelzen und dadurch zum Beispiel Stoffe aus der Zelle heraus zu transportieren. „Die ursprüngliche Zusammensetzung der Maschinerie wurde beibehalten und spielt auch bei der Zellteilung der Blütenpflanzen noch eine Rolle, aber vor allem auch dort bei der Verschmelzung von Vesikeln mit der Zellmembran“, sagt Park. Dann hätten die Blütenpflanzen eine neue zusätzliche Variante der Maschinerie entwickelt, die sie ausschließlich bei der Zellteilung einsetzen. „Diese Neuerung, eine Erfindung der Blütenpflanzen sozusagen, ergab sich nach Hunderten von Millionen Jahren der Pflanzenevolution. Offenbar brauchten die Blütenpflanzen bei den komplizierten Besonderheiten ihrer Samenentwicklung eigene Mechanismen für die Zellteilung“, sagt Jürgens. (Eberhard Karls Universität Tübingen)