Gartenfotograf Martin Staffler zu Schotterwüsten

von

in

Martin Staffler hat nach seiner Ausbildung zum Landschaftsgärtner und dem Studium der Landschaftsarchitektur an der FH Osnabrück ein gartenjournalistisches Volontariat absolviert. Seit vielen Jahren ist er selbstständig als Natur- und Gartenfotograf und als Gartenbuchautor. Seit 2015 ist Staffler außerdem Redakteur des Fachmagazins „Gartenpraxis" im Verlag Eugen Ulmer in Stuttgart.
Sie haben als Gartenfotograf viele Gärten in verschiedenen Ländern gesehen: Können Sie mit Blick auf die Pflanzenvielfalt eine Entwicklung erkennen? Was hat sich hier in den vergangenen zwanzig Jahren verändert?
Staffler: Es gibt Grund zur Hoffnung. Wenn ich als Beispiel einmal Rosengärten anführen darf: Als ich 2002 meine Diplomarbeit zum Thema „Begleitpflanzen zu Rosen" schrieb, waren Rosen-Monokulturen noch weit verbreitet. Wenn man wie heute Rosenbeete ästhetisch und vielfältig mit Stauden, Gräsern und Zwiebelpflanzen gestaltet, erhält man mehr Abwechslung und eine übers Jahr gesehen längere Blühdauer eines Beetes. Und es geht noch weiter. Auf der BUGA Heilbronn gab es Rosenbeete in einer Dünenlandschaft, in Erfurt auf der BUGA hat Petra Pelz unter anderem einen Kies-Rosengarten angelegt. Ein Trend geht darüber hinaus immer mehr zu Rosen mit einfachen, offenen Blüten, die zumindest einen gewissen Nutzen für Insekten bieten. Insgesamt wird der Wert für die Tierwelt und der ökologische Nutzen von Gärten heutzutage viel stärker beachtet.

Aus gestalterischer Sicht geht es bei der Pflanzplanung (auch) um die Schaffung von Räumen, um Höhenstaffelung, Farbgebung etc. – das sind ja auch für Sie als Gartenfotograf wichtige Aspekte. Wie bewerten Sie die lebendige Vielfalt im Privatgarten?
Staffler: Was fotografisch und gestalterisch reizvoll ist, muss nicht zwangsläufig auch ökologisch wertvoll und vielfältig sein. Blickfänge im Garten wie Statuen, Brunnen oder Immergrüne sind nicht immer „lebendig", aber wichtig für den optischen Eindruck. Da ist die Akzeptanz natürlich ein wichtiger Faktor. Wenn man sich vor der Nachbarschaft grämt oder selbst unzufrieden ist, weil der Garten strukturlos und unordentlich wirkt, hilft es, grüne Strukturen wie immergrüne Hecken zu pflanzen und diese als Hintergrund für Beete mit einer Vielfalt an Pflanzen zu nutzen. Dort werden dann anerkannte ästhetische Gestaltungsideen wie Wiederholungen, Gruppierungen und Höhenstaffelungen umgesetzt … und das am liebsten so, dass die Beete ganz natürlich wirken. Einem Stieglitz ist es im Winter doch egal, ob Disteln in einem klar strukturierten oder in einem natürlich-chaotischen Umfeld Nahrung bieten.

Sie kommen ja auch mit Menschen, die einen Garten besitzen, sowie mit Landschaftsgärtnerinnen und -gärtnern ins Gespräch. Was sind deren Motive zur Gestaltung vielfältiger Gärten?
Staffler: Es sind die Vorzüge, die das unfassbar große Pflanzensortiment hergibt. Pflanzen können zum Statussymbol werden, was man tatsächlich immer mehr wahrnimmt. Dann werden große und kostenintensive Solitärbäume in den Garten gesetzt, die schnell einen tollen Raum für weitere Gestaltungen bilden. Andere Gartenfreunde folgen der ökologischen Spur. Während die Landschaft immer ärmer an Arten und Individuen wird, steigen die Bemühungen, im kleinen Gartenraum Ersatz zu schaffen. Ich bin da etwas skeptisch, denn es lassen sich im Allgemeinen leider nur Generalisten in den Garten locken. Die selten gewordenen Arten wie Feldlerche oder Apollofalter gucken da in jedem Fall in die Röhre. Aber wie so oft können viele kleine Schritte auch hier etwas Wertvolles bewirken. Zuletzt ist der „blühende Garten rund ums Jahr" auch schon lange ein Schlagwort. Aber manchmal fehlt das Wissen für Pflanzungen, die nicht nur im Juni toll aussehen.

Sie sind selbst ausgebildeter Landschaftsgärtner und Gartenarchitekt. Wie sehen Sie die Rolle von Landschaftsgärtnerinnen und -gärtnern und/oder Planerinnen und Planern auf dem Weg zu mehr lebendiger Vielfalt in den Gärten?
Staffler: Wie eben angerissen, wissen viele Privatleute nicht so recht, wie sie den Garten gestalten sollen. Sie schauen sich dann gern in der näheren Umgebung um. Wenn dort lebensfeindliche Schottergärten vorherrschen, passen sie sich an. Da muss der Profi in die Diskussion gehen und sich beratend einbringen. Und diese Diskussion gehört zu unserem Beruf, das muss ich ganz klar sagen! Zur Not auch mal einen Schottergartenauftrag ablehnen (es geht hier gar nicht um einen „Garten" im eigentlichen Sinn, ich bevorzuge den Ausdruck „Abstandsfläche"). Das macht den Gestalter glaubwürdiger und stärkt zugleich die gesamte Branche. Wenn professionelle Gartengestalter hingegen tiefgehendes Pflanzenwissen mitbringen und dieses passend in die Gestaltungswünsche der Kunden einbauen können, dann kommen beide hoffentlich zu einem für alle Seiten guten Ergebnis, das den Garten als Lebensraum begreift.

Sie sehen ja schon von Berufswegen die schönsten Gärten, die wir haben und unter deren BesitzerInnen gibt es ja auch einen möglicherweise anstrengenden Wettbewerb. Haben Sie das Gefühl, dass sich Menschen davon infizieren lassen?
Staffler: Von dieser Art Wettbewerb spüre ich glücklicherweise nichts. Es geht den meisten doch eher darum, sich in anderen Gärten Inspirationen zu holen. Dann besucht man sich gegenseitig – real oder virtuell -, man lobt, fragt nach und alle freuen sich. Das ist auch auf den Social-Media-Plattformen gut zu beobachten. Daraus resultiert am Ende bei dem einen oder der anderen der Wunsch, dazu zu gehören. Dann hat die Begeisterung der Hortophilen auf die anderen übergegriffen. Und das ist sicher nicht schlecht für die Sache der Vielfalt im Garten. (Quelle: BGL)