Gräser: Ganz schön wild

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Die Natur steht hoch im Kurs. Spazieren gehen, Wandern, Draußensein und Gärtnern wurden als Freizeitbeschäftigungen in den letzten beiden Jahren mehr oder minder unfreiwillig neu entdeckt. Bei allem Bewegungsdrang in die Gegend ist der Garten zu einer wichtigen Konstante geworden und endlich wurden auch hier die Dinge angepackt, die schon lange auf eine Optimierung warteten. Garten- und Baumärkte konnten sich vor Kunden nicht retten und Gartenpflanzen wurden tatsächlich knapp. Der eigene Garten hat eine Aufwertung durch mehr Beachtung erfahren und selbst Balkone werden mehr denn je als lebendig zu gestaltende Erlebnisräume entdeckt. Im öffentlichen Raum werden Plätze zu gehegten Grünflächen, Baumscheiben zu winzigen Gärten, Schottergärten mit guten ökologischen Gründen geächtet. Grün statt Grau ist das Gebot der Zeit. Die Menschen suchen den Kontakt zu allem, was wächst und sie wollen gestalten und am liebsten problemlos gedeihen sehen.
Tatsache ist, dass sich manche heute viele Gedanken machen, wie sie ihr Umfeld mit welchen Pflanzen gestalten und auch was sie damit ausdrücken wollen. Wie ein Garten aussehen soll, ist eine wichtige Sache, er muss einem schließlich gefallen. An Lieblingspflanzen sollte man also nicht sparen. Wie viel Arbeit der Garten machen darf, wird leicht unterschätzt. Der Klimawandel mit seinen extremen Wettern, mit Hagel, Hitze- und Trockenheitsperioden oder den immer häufiger über uns hereinbrechenden Starkregenfällen, wird allerdings immer mehr zu einem bestimmenden Faktor. War früher der Sonnengarten der Traum der Gartenbesitzer, so ist es heute ein Garten, der vor allem Schatten spenden kann, wenn man ihn braucht. Sitzplätze, die nach draußen einladen, ohne dass man in der prallen Sonne sitzen muss, erfordern Sonnenschutz oder besser Bäume! Privatsphäre, die Schutz und Sicherheit bietet, erfordert Hecken. Beete, die ganzjährig attraktiv aussehen, rufen nach einer abwechslungsreichen Bepflanzung. Längst ist der Garten ein Ganzjahresthema geworden. Insekten, Schmetterlinge und Vögel sollen sich genauso im Garten tummeln können, wie wir. Aussehen soll das Ganze am besten wie natürlich gewachsen, wenngleich wir alle wissen, dass die schönsten Naturgärten viel Pflanzenkenntnis erfordern, damit sie so echt aussehen, wie wir es uns heute träumen. Bunte Blumenwiesen mit flatternden Schmetterlingen, eine Hängematte von Baum zu Baum, das sind die Bilder aus der Werbung, die zum Chillen einladen sollen. Blühende Staudenwolken mit flirrenden Halmen unterschiedlicher Gräser erobern derzeit die Feuilletons der Zeitungen und Zeitschriften, wenn sie die Handschrift des niederländischen Altmeisters Piet Oudolf tragen. Sein neues vielbesprochenes Gartenprojekt in Weil am Rhein zeigt es in höchster Vollendung mitten in einem Gewerbegebiet. Oudolf macht seit vielen Jahren sein Ding und zu diesem Ding gehörten Gräser von Anfang an dazu. Von Moden ist der große Gartenkünstler weit entfernt, aber seine Gärten passen herrlich in diese Zeit. Das sanfte Miteinander von Stauden und Gräsern, was nach großer Freiheit aussieht, ist das Ergebnis intensiver Planung und vor allem von sehr viel Erfahrung. Seine Gärten sind zwölf Monate im Jahr attraktiv und sie leben von Durchlässigkeit und der guten Nachbarschaft zwischen den Gewächsen, die zu unterschiedlichen Zeiten ihren großen Auftritt bekommen. Klar, sind Blüten und Farben wichtige Akzente, aber bei Oudolf geht es um viel mehr. Es geht um das große Ganze und um ein Miteinander der Pflanzen. Was Oudolf schon vor Jahrzehnten wusste, ist jetzt ein Thema der Zeit und dabei sind Gräser mit guten Gründen zu wichtigen Spielern im Garten geworden. Sie schaffen den Rahmen und die Verbindung zwischen den lauteren Pflanzen und wenn diese im Herbst ihr farbliches Pulver verschossen haben und auch die Gehölze ihre Blätter unter sich gehen ließen, dann sind die Gräser immer noch da und verleihen den Gärten ihren großen Zauber. Ganz zu schweigen von klirrender Kälte und Raureif im Winter – solche Bilder gibt es zwar nicht oft, aber sie sind zum Niederknien schön.

Aber Gras ist nicht gleich Gras. Es gibt so unzählige Arten und Sorten für alle Gartenbereiche und für die unterschiedlichen Verwendungsweisen. Selbst im Kübel auf der Terrasse können sie Blickfang sein, als Bodendecker im Vorgarten sind sie höchst attraktive Problemlöser, sparen lästiges Rasenmähen und Wässern, sorgen sogar dafür, dass die Fläche Wasser aufnehmen kann, wenn es wieder einmal zu viel regnet und bieten Insekten und Schmetterlingen, aber auch Vögeln Lebensraum. Ob für den sonnigen Standort oder für den Schatten, es gibt genügend heimische Gräser, die hier für Lebendigkeit sorgen. Und wenn man genau hinsieht, dann sind die robusten Rispen und Ähren der Gräser kleine Wunderwerke der Natur. (Quelle: elegrass)