"Grau" versus "Rot" – so lässt sich in Kurzform die Koexistenz zweier Hörnchenarten zusammenfassen, die sich ohne menschliches Zutun normalerweise nicht begegnet wären. Das Grauhörnchen Sciurus carolinensis macht dem Eichhörnchen Sciurus vulgaris mit dem meist rotbraunen Fell das (Über-)Leben schwer, vor allem dort, wo es vom Menschen bewusst ausgesetzt wurde, zum Beispiel in England, Irland und Italien. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) führt es in der sogenannten Schwarzen Liste, der Warnliste. Das heißt, bei einem Auftreten in Deutschland würde das Grauhörnchen auch hier sehr wahrscheinlich invasives Verhalten zeigen. Zum Schutz der biologischen Vielfalt sollte daher ein wild lebendes Vorkommen unbedingt verhindert werden.
Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet des Grauhörnchens liegt in Nordamerika, insbesondere im Osten der USA sowie in West- und Ostkanada. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts wurde es erstmals lebend aus Amerika eingeführt. Aussetzungen in England, Irland und Italien im 19. Jahrhundert führten zur enormen Ausbreitung und zur Verdrängung des heimischen Europäischen Eichhörnchens. Sowohl bezüglich der Nahrung als auch des Lebensraumes haben beide Arten ähnliche Vorlieben und sind daher Konkurrenten. Sie leben bevorzugt in Wäldern, sind jedoch auch in Parks und Gärten anzutreffen. Als Allesfresser ernähren sie sich – je nach Angebot und Jahreszeit – hauptsächlich von Samen, Beeren, Insekten, Jungvögeln oder Vogeleiern. Das Grauhörnchen lebt auch von Baumrinden und Pilzen, wenn das Nahrungsangebot im Winter knapp ist.
Das Grauhörnchen ist etwas größer und kräftiger als das Eichhörnchen. Viele Grauhörnchen sind mit dem Parapoxvirus – einem Pockenvirus der Hörnchen – infiziert, gegen das sie selbst immun sind. Eine Infektion beim Europäischen Eichhörnchen führt jedoch meist zu einer tödlich verlaufenden Krankheit, die mitverantwortlich für den Rückgang des Bestands in Europa ist.
In Großbritannien wurden bereits mehrere (vergebliche) Versuche unternommen, das Grauhörnchen zu bekämpfen. Es durfte bejagt und vergiftet werden, und es wurde sogar zum Verzehr des Grauhörnchens aufgerufen, um den Bestand zu dezimieren. Das hat jedoch zu keinem sichtbaren Erfolg geführt. Damit es in anderen Ländern erst gar nicht zu einer invasiven Ausbreitung kommen kann, gibt es durch das Übereinkommen zur Biologischen Vielfalt internationale Empfehlungen zur Vorbeugung: An erster Stelle soll die Einbringung der invasiven Art verhindert beziehungsweise durch ein Frühwarnsystem rechtzeitig erkannt werden und wenn möglich und finanzierbar, die Etablierung und Ausbreitung durch Sofortmaßnahmen unterbunden werden.
In Deutschland ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz das Ansiedeln gebietsfremder Arten in der freien Landschaft von den Bundesländern zu genehmigen. Zudem sind Besitz und Vermarktung des Grauhörnchens – neben dem Amerikanischen Biber, der Geier- und Schnappschildkröte – nach der Bundesartenschutzverordnung verboten. (Quelle: www.aid.de)