Am 22. September war kalendarischer Herbstanfang und es ist nicht zu übersehen, dass auch in der Natur der Herbst tatsächlich begonnen hat.
Die Blätter verfärben sich, der Wald wird lichter. In keiner anderen Jahreszeit ist der Wald in so schönes Licht getaucht. Die niedrigstehende Sonne blinzelt goldglänzend durch das Herbstlaub, der dringend notwendige Regen sorgt endlich wieder für den typischen Waldgeruch, den wir in den trockenen Sommerwochen kaum wahrnehmen konnten und Pilze sprießen auch. Das Rascheln des Laubs, wenn man jenseits der Wege durch den Wald schlendert, weckt in diesen Wochen bei vielen Kindheitserinnerungen. Im Garten oder eben im Wald war es ein besonderes Vergnügen, sich gegenseitig mit Blättern zu bewerfen. Wer sich auskennt, sucht und sammelt Pilze. Abschneiden und mitnehmen sollte man aber nur essbare Pilze, die man kennt und auch nur so viele, wie man selbst essen kann. Apropos: Auch die Waldtiere sind im Frühherbst sehr aktiv: Jetzt gilt es für Eichhörnchen & Co. möglichst viel Früchte, Eicheln, Nüsse usw. zu sammeln und Vorräte anzulegen. Wenn man sich als Waldspaziergänger ganz ruhig verhält, kann man in diesen Wochen in der Nähe von Eichen oder Rotbuchen mit etwas Glück die Waldtiere beobachten.
Wald als Bühne
„Vor allem im Herbst suchen viele Menschen den Wald auf, verabreden sich zu Waldspaziergängen und genießen die frische Luft und Ruhe", sagt Jürgen Dawo, der am Nationalpark Hainich, dem einzigen Urwald Deutschlands, in Thüringen das Erholungszentrum WaldResort Hainich gebaut hat. „Die leichte Bewegung hilft gegen Stauungen und Stockungen im Körpersystem und klärt auch Geist und Gemüt. Unbewusst werden alle Sinne angesprochen, weil man den Wald riecht, hört, die Natur fühlt und im besten Fall auch spürt, dass man selbst Teil der Natur ist." Untersuchungen zeigen, dass die Waldluft und die gesamte Waldatmosphäre tatsächlich gesundheitsfördernd sind. In Japan wurde seit den 1970er Jahren wissenschaftlich eine Entspannungsmethode entwickelt, die heute als „Shinrin Yoku" weltweit anerkannt ist. Übersetzt bedeutet es etwa „Eintauchen in die Waldluft" und wird bei uns üblicherweise als „Waldbaden" bezeichnet. Die Methode wirkt verschiedenen Stress-Faktoren entgegen und lindert z.B. Schlafstörungen, Aggressivität, Konzentrationsschwierigkeiten, Hyperaktivität und sogar Schmerzen. Neben Stressabbau und Energie tanken gibt es auch Studien, die besagen, dass der Wald das Immunsystem des Menschen positiv beeinflusst. Jürgen Dawo und sein Team vom WaldResort haben die Methode speziell für den Urwald Hainich angepasst und bieten inzwischen ein breites Spektrum an naturnahen Erholungsangeboten an: „Ziel war es, einen Ort zu schaffen, wo Menschen eine Auszeit nehmen, sich mit der Natur verbinden und zur Ruhe kommen können – Perspektivwechsel und Inspiration sind hier inklusive."
Was bringt Waldbaden?
Der Hainich bietet optimale Voraussetzungen für tiefes Walderleben: Der Wald wurde seit mehr als 50 Jahren nicht forstlich bewirtschaftet, so dass sich hier eine einzigartige natürliche Fauna und Flora entwickeln konnte. Gäste des WaldResort – ob als Urlauber oder Seminarbesucher – erwartet eine perfekte Verbindung von Naturerlebnis und Anleitung zu erholsamen Entspannungs-Methoden. Einzige Voraussetzung ist, dass die Teilnehmer Interesse an der Natur haben und sich auf die Übungen einlassen. Dawo, seit vielen Jahren selbst auch als Nationalparkführer im Hainich aktiv: „Der Herbst gilt als die Zeit der Ernte und der Sammlung, als die Jahreszeit, in der sich die Natur – und auch der Mensch – auf die Ruhephase des Winters vorbereitet. Es kann auch die Zeit sein, in der man individuell Bilanz zieht für das Jahr und in der man sich die Zeit nimmt, um sich neu auszurichten." Jürgen Dawo hat 2014 ein massives Burn-out erlebt und persönlich die Erfahrung gemacht, welche Kraftquelle die Natur, insbesondere aber der Wald, bietet. „Es geht vor allem um einen regelmäßigen Ausgleich zur alltäglichen Hektik und Allzeit-Erreichbarkeit unserer Tage", weiß Dawo. „Das Eintauchen in den Wald kann dazu beitragen, uns zu stärken und Erkrankungen vorzubeugen. Bereits ein zwei- bis dreistündiger Aufenthalt, bei dem die Atmosphäre mit allen Sinnen aufgenommen wird, hat einen verblüffenden Effekt: Der Adrenalinspiegel sinkt, die Anzahl der natürlichen Killerzellen des Immunsystems erhöhen sich und die Ausschüttung von Stresshormonen wird verringert." (GPP)