Sollte Lothar Riedrich jemals bei der Chelsea-Flower-Show antreten, er hätte vermutlich beste Aussichten auf einen der begehrten Preise. Denn wenn es um das Einfangen von Stimmungen, das Erschaffen von Bildern auf Zeit und das Einplanen noch so abwegig erscheinender Eventualitäten geht, macht dem 55-jährigen Brandenburger so schnell keiner etwas vor.
Seit er vor gut 20 Jahren als Baumsachverständiger zu einem Filmset gerufen und – geradezu hollywoodlike – selbst in die magische Welt des Films gesogen wurde, hat er an der Erschaffung unzähliger grüner Kulissen mitgewirkt. Mal traumhaft schöner, mal nachhaltig beklemmender, immer jedoch beeindruckend realistischer. „Wobei realistisch nicht gleichbedeutend mit authentisch ist, denn viele der entworfenen Szenerien spielen im Studio fernab von Tageslicht, weshalb wir die Pflanzen dort nachbilden müssen. Und auch bei einem Außendreh geht es in erster Linie um die Atmosphäre eines Sets, weniger darum, ob die verwendeten Pflanzen an dieser Stelle auch wirklich dort wachsen würden“, erklärt Riedrich, der bei der Gestaltung auch immer wieder auf das Team und schwere Gerätschaften seiner eigenen Garten- und Landschaftsbaufirma zurückgreift.
Doch egal ob er mithilfe echter Pflanzen einen japanischen Zen-Garten für den Film Ninja Assassins baute oder für Aeon Flux einen künstlichen Kirschhain aus dem Betonboden des Tierheims Berlin wachsen ließ: Entscheidend für den Erfolg sind in jedem Fall seine Pflanzenkenntnisse. „Nur dadurch kann ich einschätzen, welche Pflanzen bei einem Außendreh auch ohne viel Pflege wochenlang top aussehen und gleichzeitig bestimmte Emotionen transportieren oder wie man künstliche Efeuranken an einer Hauswand drapiert, damit sie echt wirken, oder welche Grüntöne ich verwenden muss, damit zum Beispiel ein Studiowaldboden im Kunstlicht ebenso natürlich und abwechslungsreich erscheint wie draußen.“
Dieses Wissen geht Hand in Hand mit der Fähigkeit, nicht nur um eine, sondern gleich um fünf Ecken zu denken – eine Eigenschaft, die Riedrich perfektioniert hat, seit er 2011 mit Kollegin Barbara Jäger die Firma Set-Land – Greenery Landscaping gründete. „Wenn wir zum Beispiel Pflanzen in einem Hinterhof arrangieren, denken wir nicht nur daran, was wo am besten aussieht. Wir müssen auch im Hinterkopf haben, wie viel Platz die Schauspieler benötigen, wo auf keinen Fall ein Schatten hinfallen darf, oder an welcher Stelle wir besser ein selbst gebautes Heckenelement anstelle lebender Pflanzen verwenden, weil später eine Kamera davorsteht und wir nicht mehr zum Gießen drankommen.“ Diese Mischung aus grünem Wissen, Kreativität und Improvisationstalent beschert der Firma nicht nur internationale Aufträge, sondern immer wieder auch Lob von berufener Stelle. Das größte Kompliment kommt manchmal allerdings von unerwarteter Seite: „Wenn ein Beleuchter seine Kabel quer durch unsere sorgfältig präparierten Pflanzenarrangements zieht, wir schimpfen und er nur meint ’Sorry, ich wusste doch nicht, dass das zur Kulisse gehört‘ – dann haben wir unseren Job gut gemacht!“ (GMH)