In Deutschlands Städten beleben erfreulich viele Bäume den öffentlichen Raum – und immer mehr Urban-Gardening-Initiativen. Sie wollen den meist wenig grünen Flächen unter den Bäumen zu Leibe rücken. Staudenexperte Till Hofmann weiß, welche Pflanzenarten dort am besten gedeihen.
„Die sogenannten Baumscheiben am Fuße der Gehölze werden oft als „Problemstandorte“ wahrgenommen. Denn dort kommen mehrere Faktoren zusammen, die das Pflanzenwachstum erschweren: Lichtentzug, Trockenstress und Wurzeldruck, dazu oft noch Streusalzeinträge, Hundekot und achtlos weggeworfene Abfälle“, fasst Staudengärtner Till Hofmann zusammen.
Der Inhaber des Betriebs „Die Staudengärtnerei“ im unterfränkischen Rödelsee weiß, wie weit der Wunsch nach attraktiv unterpflanzten Bäumen und die Realität oft auseinanderklaffen – selbst dann, wenn sich, wie in immer mehr Städten der Fall, manche Bürgerinnen und Bürger selbst der betroffenen Flächen annehmen. Er weiß aber auch, wie der Wunsch dennoch Wirklichkeit werden kann.
Erfolgsgeheimnis gute Planung
„Erfahrungsgemäß sind es meist ähnliche Gründe, wenn Urban-Gardening-Initiativen bei Baumscheiben scheitern“, erklärt der Staudenexperte. „Gerne werden Beet- und Balkonpflanzen gepflanzt, damit es schnell schön bunt ist. Das sind aber die ersten, die auf solchen Extremstandorten schlapp machen. Andere greifen zu Pflanzen, die im eigenen Garten wunderbar gedeihen, dem Stress im öffentlichen Raum aber nicht gewachsen sind. Und dann gibt es Pflanzungen, die mittelfristig echtes Potenzial hätten, aber an mangelnder Pflege im Anfangsstadium scheitern“, zählt Hofmann einige typische Situationen auf.
Die Lösung für alle Probleme: sorgfältige Planung. Sie ist in diesem Fall sogar schon deutlich mehr als die halbe Miete. Dazu zählt zum Beispiel, von Anfang an die zuständigen Behörden einzubeziehen und sich bereits vor dem Bepflanzen Verbündete vor Ort zu suchen. „Extrem wichtig sind auch Nachbarn oder Geschäftsleute, die bei der Pflege helfen, vor allem beim regelmäßigen Gießen im ersten Standjahr, das steigert die Erfolgschancen enorm“, erläutert Till Hofmann. Und natürlich: die passenden Pflanzenarten.
Pflanzenwahl: attraktive Kämpfernaturen
„Die Natur hat keine Nische unbesetzt gelassen. Deshalb finden sich auch für nahezu jede Situation Stauden, die mit den jeweiligen Standortbedingungen zurecht kommen“, fasst Till Hofmann die frohe Botschaft zusammen. Unter Bäumen hängt die Auswahl unter anderem davon ab, wie stark durchwurzelt und wie frisch oder trocken der Boden ist, wie stark die Beschattung ausfällt und wie stark die Fläche frequentiert ist, sei es von Hunden, den Weg abkürzenden Fußgängern oder geparkten Fahrzeugen.
„Wer es gerne naturnah mag, kann sich an den heimischen Buchen-Mischwäldern orientieren. Als Strukturpflanzen kämen dann etwa das Vielblütige Salomonssiegel in Frage, Türkenbund-Lilien und verschiedene Farne, als Begleiter eignen sich unter anderem Wald-Storchschnabel, verschiedene Beinwell-Arten, Haselwurz, Kleines Immergrün und Waldmeister. Was immer funktioniert ist auch die gelb blühende, etwas weiter östlich beheimatete Waldsteinie. Und dann natürlich die zahlreichen Frühlingsblüher wie Busch-Windröschen!“
Noch deutlich größer ist die Auswahl auf ausreichend feuchten Böden. Dort lassen sich unter Bäumen geradezu tropisch anmutende Pflanzenbilder schaffen. „Wo für ausreichend Wassernachschub gesorgt ist, gedeihen neben Funkien, Farnen und Ziergräsern auch Silberkerzen, Schaublatt, Tafelblatt und sogar Astilben, die einzigen echten Prachtstauden für den Schatten.“
Bis die Pflanzung eingewachsen ist, kann sie oft schon ein kleiner Holzzaun und/oder ein erklärendes Hinweisschild vor groben Schäden schützen. „Und wenn erst eine geschlossene Fläche entstanden ist, der man die liebevolle Pflege ansieht, wird sie in der Regel ohnehin respektiert. Schließlich freut sich am Ende jeder über attraktive Blätter und Blüten!“
Baumscheiben unterpflanzen – so klappt’s
Wie werden Flächen unter Bäumen dauerhaft attraktiv? Till Hofmann, Staudengärtnermeister bei „Die Staudengärtnerei“ im unterfränkischen Rödelsee, hat zehn hilfreiche Tipps parat.
- Behörden einbeziehen. Der Grundgedanke von Bepflanzungsinitiativen wird zwar meist begrüßt, aber nur, wenn auch mittelfristig eine Verbesserung erwartbar ist. In diesem Fall unterstützen die Grünflächenämter Initiativen oft nicht nur mit ihrem Fachwissen, sondern manchmal sogar mit Pflanzen und Zubehör.
- Werbung machen. Verbündete im Stadtteil und der unmittelbaren Umgebung der Pflanzfläche suchen, die beim Pflanzen und Pflegen helfen. Über Aushänge über das Vorhaben informieren.
- Pflanzen passend zum Standort wählen. Dabei auch das Wurzelsystem beachten. Unter Tiefwurzlern wie der Eiche und Herzwurzlern wie der Sommer-Linde gedeihen mehr Pflanzen als unter flachwurzelnden Gehölzen wie Kastanie, Götterbaum oder Birke.
- Abwechslung bevorzugen. „Monokulturen“ sind risikoreich. Mischpflanzungen verzeihen Fehler und verkraften auch mal den Ausfall einer Art.
- Übergangssituationen berücksichtigen. Bis neugepflanzte junge Bäume Schatten werfen, vergehen mehrere Jahre! Daher zunächst ruhig Stauden für Sonne oder Halbschatten wählen. Die attraktiven Platzhalter können später durch Schattenstauden ergänzt oder ersetzt werden.
- Rohkompost ausbringen. Auf älteren Baumscheiben schon einige Wochen vor der Bepflanzung. Auch danach jeweils im Frühjahr sinnvoll.
- Im Herbst pflanzen. Umso wichtiger, je extremer der Standort ist. Die Pflanzen profitieren von den im Herbst und Winter fallenden Niederschlägen.
- Kleine statt große Pflanzen verwenden. Setzen Sie auf die klassischen Gärtnergrößen im 9er- oder 11er-Topf und planen Sie mit durchschnittlich sechs Stück je Quadratmeter. Die kleineren Pflanzen passen sich besser an den neuen Standort an als größere Exemplare.
- Unbedingt Mulchen! Mulch aus Rinde oder Holzfaser hält Unkraut in Schach, verringert die Verdunstung und reichert den Boden mit Humus an.
- Erfolge feiern. Ein Pflanzfest macht das Vorhaben sichtbar, informiert über die Hintergründe und schützt die Pflanzung dadurch auch gleich ein Stück weit. (GMH/BdS)