Die Kohlmeise ist ein Kulturfolger und an die Bedingungen in der Stadt angepasst. Dennoch ist die ökologische Fitness der Singvögel in ländlichen Gebieten höher. Dort legen sie mehr Eier und die Jungtiere sind größer. So lautet das Fazit einer Studie, die das Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen gemeinsam mit der Ludwig-Maximilians-Universität München durchgeführt hat. Die Unterschiede im Bruterfolg waren interessanterweise unabhängig von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Lärm. Vermutlich gibt es weitere Faktoren, die zwischen Stadt und Land variieren und die Fitness der Vögel beeinflussen.
Die Wissenschaftler hatten über zwei Jahre den Bruterfolg verschiedener Kohlmeisen-Populationen (Parus major) in der Stadt und auf dem Land untersucht. Dazu wurden in zwölf Waldgebieten 600 Nistkästen und in der Stadt München 156 Nistkästen aufgehängt und in der Brutsaison mindestens einmal in der Woche besucht. Sie protokollierten unter anderem den Legebeginn, die Gelegegröße sowie Anzahl und Gewicht der Jungtiere. Die Ergebnisse setzten sie mit verschiedenen Umweltfaktoren in Bezug. Über die gesamte Brutsaison der Meisen wurden nächtliche Temperaturen, Luftfeuchtigkeit und der Lichtlevel sowie der Lärmpegel aufgezeichnet.
In der Stadt startete die Kohlmeise früher in die Brutsaison, aber die Gelege waren in der Regel kleiner und die Jungvögel beim Ausfliegen weniger gut genährt. Die Anzahl der Flügglinge war allerdings nicht unbedingt geringer als auf dem Land. Bei den Umweltfaktoren gab es zwischen Land und Stadt deutliche Unterschiede. So hatte das Stadtgebiet München die geringste Luftfeuchtigkeit, die höchsten Temperaturen und den höchsten Lichtlevel in der Nacht, während der Lärmpegel auch in manchen Waldgebieten relativ hoch war. Dennoch standen die Umweltparameter in keiner direkten Beziehung zum Bruterfolg. Auch die Einteilung der Stadt in drei Zonen von naturnahen Bereichen bis zu ausgeprägten Stadtgebieten ließ keine konkreten Muster erkennen.
Vermutlich sind einzelne Umweltparameter nicht ausreichend, um die auf dem Land und in der Stadt vorherrschenden Bedingungen zu beschreiben. Weitere Faktoren könnten Einfluss nehmen wie zum Beispiel die Temperatur innerhalb des Nestes, die Vegetationsstruktur und das Auftreten von Fressfeinden. In zukünftigen Studien sollen diese Zusammenhänge differenzierter betrachtet werden. Es wäre beispielsweise möglich, dass die Meisen in der Stadt weniger in die Brut investieren, da die Futterverfügbarkeit begrenzt ist. (Quelle: www.aid.de)