Der NABU hält die in den vergangenen Wochen von Politikern der CDU/CSU und verschiedenen Interessenverbänden der Nutztierhalter und Jäger geführte öffentliche Debatte zur Aufweichung des Schutzstatus von Wölfen für unnötig und fordert von der Politik ein klares Bekenntnis zum Schutz des Wolfes. Wölfe sind durch nationale und internationale Gesetze streng geschützt. So fordern die umweltpolitischen Sprecher der Fraktionen von CDU und CSU in den Bundesländern in einer kürzlich veröffentlichten „Dresdner Resolution“, die Zahl der Wölfe zu regulieren. Der sächsische Umweltminister Thomas Schmidt hat aktuell einen entsprechenden Antrag bei der Umweltministerkonferenz zur „Definition des Erhaltungszustandes des Wolfes“ eingebracht.
NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller: ‘Wie‘, nicht ‚ob‘ wir mit dem Wolf leben können, ist die entscheidende Frage. Wir brauchen keine Diskussion um die Begrenzung der Wolfsbestände, sondern bestenfalls die Optimierung im bestehenden und bewährten Wolfsmanagement.“ Der NABU lehnt eine Herabstufung des Schutzstatus des Wolfes in den Anhängen der Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie sowie die Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht strikt ab. Vielmehr muss das Ziel sein, eine flächendeckende Anwendung von standortangepassten Herdenschutzmaßnahmen in Wolfsgebieten noch besser umzusetzen und schnelle, unbürokratische Hilfen für Nutztierhalter möglich zu machen. Dazu gehört auch die Verbesserung der wissenschaftlichen Datenlage zu Umsetzungsdefiziten im Herdenschutz und deren Ursachen.
Obwohl die Zuwachsraten der Wolfspopulation in Deutschland derzeit als hoch empfunden werden, sind die gegenwärtigen Wachstumsraten aus biologischer Sicht normal – und der Bestand mit aktuell 46 Rudeln keinesfalls ausreichend stabil. „Die Bestandsentwicklung des Wolfes wird rein durch das Nahrungsangebot gesteuert. Dies ist in Deutschland aufgrund der historisch höchsten Reh-, Rot- und Schwarzwildbestände sehr hoch“, so Miller. Gründe hierfür seien unter anderem die jahrzehntelange falsch ausgeübte Hege durch die Jägerschaft zur Optimierung von Jagdstrecken und die alarmierenden Fehlentwicklungen durch die Intensivierung der Landwirtschaft. Insbesondere die enorme Zunahme des Maisanbaus für die Energiegewinnung (Vermaisung) trägt zu deutlich überhöhten Wildbeständen und damit verbundenen Großrotten- und Großrudelbildungen bei. „Wenn die CDU/CSU-Sprecher ihre Verantwortung für die Umweltpolitik ernst nehmen, sollten sie diese Zusammenhänge betrachten. Für die jahrzehntelangen Fehlentwicklungen im Jagdrecht und in der Landwirtschaftspolitik ist die CDU/CSU hauptverantwortlich“, so Miller. Der NABU begrüßt allerdings die Forderungen der umweltpolitischen Sprecher der CDU/CSU, das staatenübergreifende Wolfsmonitoring zwischen Deutschland und den Nachbarländern zu verbessern. „Die Zusammenarbeit mit Polen ist hier ein sehr gutes Vorbild und eine solche Zusammenarbeit ist auch mit den anderen Nachbarstaaten anzustreben“, so Miller.
Unter dem Titel „Wölfe in Deutschland – Leitlinien zum Schutz von Canis lupus“ hat der NABU am Freitag sein aktuelles Positionspapier veröffentlicht. Es zeigt die gegenwärtige Bestandssituation des Wolfes, formuliert die Forderungen des NABU an den Schutz und greift dabei wichtige Fragen zum Umgang des Menschen mit dem Wolf auf. Ein Problem sieht der NABU nach wie vor bei illegalen Wolfstötungen. Vor diesem Hintergrund hatte der NABU am 27. September die Initiative zu einer Verbändeverständigung ergriffen und den Deutschen Bauernverband (DBV), den Deutschen Jagdverband (DJV) sowie die Vereinigung Deutscher Landesschafzuchtverbände (VDL) zu einem Gespräch am 5. Dezember eingeladen, um gemeinsame Lösungsansätze bezüglich des fortdauernden Problems der illegalen Bejagung zu finden. Der NABU hofft, dass trotz allen Diskussionsbedarfes zwischen den vier Verbänden eine Reihe von Gemeinsamkeiten bestehen, nicht nur zur Frage der Eindämmung illegaler Wolfstötungen, sondern auch bei der Verbesserung von Herdenschutz und Präventions- und Kompensationsleistungen für Nutztierhalter, und freut sich auf einen offenen, sachlichen Dialog.