Niedersachsens Wälder sind im Jahr 2015 gesundheitlich stabil geblieben. Der Anteil starker Schäden bei den wichtigsten Baumarten sei gering, sagte Landwirtschaftsminister Christian Meyer heute (Montag) bei der Vorstellung des aktuellen Waldzustandsberichtes: „Die politischen Maßnahmen gegen den Schadstoffausstoß aus industriellen Anlagen wirken. Das Waldsterben konnte vermieden werden." Während rund ein Viertel der älteren Buchen, Eichen und Fichten noch Kronenverlichtungen aufweist, zeigt sich die Kiefer als sehr robust und damit auch weniger anfällig für den Klimawandel. „Für die Bäume war die extreme Trockenheit in diesem Frühjahr mit großem Stress verbunden. Unsere Wälder haben die Wetterextreme aber ohne größere Schäden überstanden, die Absterberate liegt im Promillebereich. Das ist ein gutes Signal für die Waldgesundheit insgesamt", so Minister Meyer. „Dennoch muss mehr getan werden, um die anhaltend hohen Stickstoffeinträge aus der Luft – insbesondere durch die Landwirtschaft – zu senken. Diese Ablagerungen sind Gift für den Boden und den Wald."
Die Kronen der Hauptbaumarten sind im Schnitt zu 15% verlichtet, das entspricht dem Vorjahreswert. Die Bäume seien in der Vitalität eingeschränkt und anfälliger gegen Witterungseinflüsse und Schädlinge als voll belaubte oder benadelte Wälder, so Meyer. Besonders licht sind die Kronen der über 60-jährigen Fichten (27% Kronenverlichtung) und Eichen (29%). Neben sauren „Altlasten" im Boden wirken sich insbesondere die hohen Stickstoffeinträge schädigend auf den Wald aus. Zudem können Insektenfraß und Pilzbefall den Bäumen zusetzen. Eine „Eichenfraßgesellschaft" aus Raupen verschiedener Schmetterlinge hatte sich in den letzten Jahren stark vermehrt und viele wertvolle Eichenbestände kahl gefressen. „Hier gibt es in diesem Jahr leichte Entwarnung, die Bäume können sich also etwas erholen", so Meyer. Etwas ausgeweitet hat sich seit einigen Jahren die so genannte Buchen-Komplexerkrankung. Sie gefährdet im Solling besonders ältere Buchenwälder in einer Höhenlage über 400 m.
Zu den Schadstoffeinträgen sagte der Minister: „Zwar ging der Schwefeleintrag seit den 1980-er Jahren stark zurück, die Böden haben aber noch viel Säure gespeichert und erholen sich erst langsam. Auch die Stickstoff-Immissionen nehmen jetzt ab. Doch der Wald verbraucht wenig Stickstoff, so dass sich der schädliche Überschuss im Boden ständig weiter erhöht." Zusätzlich schädigen Ammoniak-Einträge aus der Landwirtschaft den Wald.
Der Waldzustandsbericht, der jährlich von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) in Göttingen mit vielen Umweltdaten erstellt wird, belegt auch: Der Klimawandel ist in Niedersachsen endgültig angekommen. Die Jahresmitteltemperatur hat sich hier seit Beginn der 1990-er Jahre um knapp ein Grad Celsius erhöht. Mit diesem Ergebnis liegt Niedersachsen im globalen Trend. Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) hatte in der vergangenen Woche das Jahr 2015 als wärmstes je gemessenes Jahr seit Aufzeichnungsbeginn eingestuft. „Wälder sind aber gleichzeitig auch unsere besten Klimaschützer", so Minister Meyer. „Der niedersächsische Wald speichert rund 230 Miio. t Kohlenstoff, davon rund 45% im Waldboden und 55% im Holz. Naturnahe, kohlenstoffreiche Wälder sind daher gut für das Klima."
Förster und Waldbesitzer sollten durch angepassten Waldbau auf die Risiken des Klimawandels reagieren. Minister Meyer: „Ich empfehle, mehr standortgerechte, heimische und klimasichere Baumarten anzupflanzen, dort wo es der Standort erlaubt, in strukturreichen und naturnahen Mischbeständen mit Laubholz." Um die im Boden abgelagerten Altlasten des „sauren Regens" zu kompensieren, empfehlen die Wissenschaftler der NW-FVA eine standortangepasste Kalkung.