In Deutschland werden jährlich über 7.000 Tonnen Pestizide in Haus- und Kleingärten verwendet. Ganz vorne mit dabei: Glyphosat, das Totalherbizid, das seit Jahren Negativschlagzeilen macht durch seine enormen Risiken für Mensch und Natur. Über 70 Tonnen dieses Wirkstoffs werden hierzulande pro Jahr durch Privatanwender ausgebracht. In 44 Produkten ist das Gift für nicht-berufliche Anwender zugelassen.
Der NABU hatte 2015 in einer Online-Aktion an Baumärkte und Gartencenter appelliert, Glyphosat auszulisten. Fast alle großen Märkte haben reagiert und bieten das Herbizid nicht mehr an. „Das gestiegene Umweltbewusstsein der Verbraucher und der Protest des NABU zur Auslistung glyphosathaltiger Produkte aus dem stationären Handel zeigen erste Früchte. Mittlerweile verkauft ein Großteil der Baumärkte kein Glyphosat mehr“, sagt NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Leider hinke der Online-Handel dieser Entwicklung hinterher. Nach NABU-Recherchen ist es nach wie vor möglich, über Online-Shops eine Vielzahl glyphosathaltiger Produkte zu bestellen. Stichproben haben ergeben, dass trotz Vorschriften, die Abgabebedingungen nicht besonders streng sind. Keiner der getesteten Online-Anbieter wird den Vorschriften tatsächlich in vollem Umfang gerecht. „Es ist offensichtlich, dass der Online-Handel den gesetzlichen Vorgaben zur Informationspflicht über Anwendung, Entsorgung und Alternativen zum Pestizideinsatz sowie zur Ermöglichung von Rückfragen nur lückenhaft nachkommt“, so Miller weiter.
Vor diesem Hintergrund appelliert der NABU erneut an Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt, den Privatgebrauch von Glyphosat zu verbieten. Andere EU-Mitgliedstaaten wie Frankreich oder Belgien haben hier bereits weitaus restriktivere Regelungen getroffen und wollen die Anwendung für den Privatgebrauch komplett verbieten.
Dabei ist Glyphosat nur einer unter vielen bedenklichen Wirkstoffen, die in Gärten Anwendung finden. In Deutschland sind weitere 51 Pestizid-Produkte für den Privatgebrauch zugelassen, die erhebliche ökologische Risiken bergen. Sie enthalten die Wirkstoffe Abamectin und Methiocarb (gegen Insekten wie Blattläuse), Deltamethrin, Dimethoat und Thiacloprid (gegen Insekten) oder Metiram (gegen Pilzbefall). Je nach Wirkstoff dürfen sie nicht in Gewässer gelangen, sind giftig für Fische oder Algen und können Bienen und viele weitere Nutzorganismen schädigen.
Die negativen ökologischen Folgen werden durch das oftmals geringe Fachwissen von Freizeitgärtnern beim Umgang mit Pestiziden teilweise noch verstärkt. „Unerlaubte Anwendungen, wie die Ausbringung von Pestiziden auf befestigten Flächen oder blühenden Pflanzen, sind an der Tagesordnung“, so NABU-Pestizidexperte Till-David Schade. Dabei seien sich wohl die wenigsten Nutzer darüber im Klaren, dass Fehlanwendungen zu einer Bußgeldstrafe von bis zu 50.000 Euro führen können. Auch die falsche Entsorgung von Resten und Behältnissen stelle ein ernstzunehmendes Problem dar: „Nur ein Bruchteil der Anwender bringt die Produkte zu Sondermüllannahmestellen“, so Schade.
Der NABU appelliert an Freizeitgärtner konsequent auf Glyphosat & Co. zu verzichten. „Auch zu Spritzmitteln, die biologische Inhaltsstoffe enthalten, sollte nur in Ausnahmefällen gegriffen werden. Auch sie haben erhebliche Wirkungen auf sogenannte Nichtzielorganismen“, so Schade weiter. In Deutschland gibt es etwa 20 Millionen Haus- und Kleingärten, die zusammen eine Fläche von rund 46.000 Hektar einnehmen. Damit sind Gärten und die dort vorkommenden Tiere und Pflanzen ein wichtiger Baustein zum Erhalt der biologischen Vielfalt. Die Alternativen zum Pestizideinsatz sind zahlreich. Sei es durch den Griff zur Hacke oder die Anpflanzung von Bodendeckern wie der Großen Braunelle oder dem Gewöhnlichen Leberblümchen. Ebenso die Auswahl standortangepasster, heimischer Pflanzen kann die Notwendigkeit von Pestiziden erheblich einschränken. Sie sind pflegearm und viel robuster als empfindliche Exoten. (NABU)