Praxistest bestanden: Mit Bingo und Quartett lassen sich Schülerinnen und Schüler für den Wildbienenschutz begeistern

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Der Rückgang der Insektenpopulationen ist alarmierend und im Hinblick auf die Erhaltung von Ökosystemen und die Sicherung unserer Versorgung mit Nahrungsmitteln problematisch. Rund 70 Prozent der weltweit wichtigsten Nahrungspflanzen sind auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen – das ist meist nicht bekannt. Zu diesen Bestäubern gehört die Honigbiene, aber auch die vielen Arten von Wildbienen, darunter 41 verschiedene Hummelarten allein in Deutschland. Um Kenntnisse über Wildbienen und Wildbienenschutz an den Schulen zu verbreiten, haben Biologie-Studierende der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) neue Materialien für den Unterricht entworfen. „Unser neues Schulmaterial hat den ersten Praxistest wunderbar bestanden“, freut sich Laura Christ von der Arbeitsgruppe Didaktik der Biologie an der JGU. Die Erprobung der Unterrichtsmaterialien erfolgte am Montag an einer eigens angelegten Hummel-Wiese der Fasanerie Wiesbaden mit einer Schulklasse der Diltheyschule in Wiesbaden.
„Dieses Projekt zeigt in zweifacher Weise, wie zeitgemäße Lehrkräftebildung funktioniert: Die Lehrenden aus der Biologiedidaktik greifen ein hochaktuelles Thema auf und leisten so einen wichtigen Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung“, bemerkt Prof. Dr. Stephan Jolie, Vizepräsident für Studium und Lehre, „und sie tun es auf die didaktisch passendste Weise: als Projektlehre. Sie geben angehenden Lehrkräften Raum, Ideen und wissenschaftliche Kenntnisse so einzubringen, dass nicht nur das Gelernte für Schülerinnen und Schüler fassbar und erlebbar wird, sondern dass sie als Studierende zugleich erleben können, was ihre Lehrmaterialien bewirken!“

Biologie-Studierende erhalten direktes Feedback von Schülerinnen und Schülern

Der Klimawandel und der Verlust von Lebensraum tragen zu dem weit verbreiteten Insektensterben maßgeblich bei. Davon betroffen sind auch Honigbienen und Wildbienen, die einen unschätzbaren Wert für die Bestäubung unserer Kulturpflanzen besitzen. Allerdings ist die große Bedeutung der Bienen oft auch Schülerinnen und Schülern nicht bewusst, zumal bei dem Gedanken an Bienen die meisten an Honigbienen und Honigproduktion denken und kaum an die vielen Wildbienenarten. Vor diesem Hintergrund hat die AG Didaktik der Biologie ihr jahrelanges Engagement in Sachen Wildbienenschutz genutzt und ein Seminar zu dem Thema angeboten. 13 Studierende im Studiengang Master of Education Biologie haben daran teilgenommen und in den vergangenen Monaten neue Materialien entwickelt, um Schülerinnen und Schülern die Wildbienen und Möglichkeiten zu ihrem Schutz näherzubringen.

„Die Studierenden konnten das Thema in Kleingruppen fachlich und fachdidaktisch bearbeiten und darauf aufbauend Ideen entwickeln und ein Konzept zur Umsetzung erstellen. Dann haben sie das Material und die Medien für den schulischen und außerschulischen Unterricht selbst hergestellt. Der Werkstattcharakter des Seminars war auch für uns Lehrende sehr inspirierend“, beschreibt Prof. Dr. Daniel Dreesmann, Leiter der Arbeitsgruppe Didaktik der Biologie, die Erfahrungen. „Und die Studierenden“, so Dreesmann weiter, „freuen sich sehr über die Erprobung in der Fasanerie.“ Die Lehramtsstudierenden des Master of Education Biologie konnten im Sommersemester 2022 unter drei verschiedenen Themen wählen – „Wildbienen und Wildbienenschutz in der Fasanerie Wiesbaden!“ war eines davon. Die Materialien wurden von den Studierenden so konzipiert, dass die Schülerinnen und Schüler bei der Arbeit damit die Vielfalt von Insekten und Wildbienen entdecken können und lernen, was zu ihrer Erhaltung nötig ist.

„Wir haben uns aber nicht nur auf die Insekten beschränkt, sondern möchten mit dem entwickelten Material auch das Wissen über Wildblumen erweitern. Denn der Verlust an Lebensraum und Nahrungsquellen ist zu einem großen Teil für den Rückgang der Insekten verantwortlich – dafür möchten wir Verständnis wecken“, teilt Laura Christ weiter mit. Die AG Didaktik der Biologie engagiert sich im Rahmen des Projekts „Hummeln helfen! Rhein-Main“ für die Vermittlung von Kenntnissen über Hummel- und andere Wildbienenarten an Schulen. Aktuell nehmen mehr als 700 Schülerinnen und Schüler in 29 Lerngruppen an 13 Projektschulen im Rhein-Main-Gebiet an dem Projekt teil.

Bei den etwa 25 Siebtklässlern der Diltheyschule Wiesbaden ist der praktische außerschulische Unterricht im Tier- und Pflanzenpark Fasanerie Wiesbaden gut angekommen. Über mehrere Stationen verteilt konnten sich die Schülerinnen und Schüler auf der Hummel-Wiese mit einem Bingo-Spiel über unterschiedliche Insektenarten informieren, mit einem Quartett geeignete Wildblumen kennenlernen oder mit einer Bestimmungsdrehscheibe Pflanzen des Wildbienenbuffets erkennen. Ein anderes Spiel hilft dabei, die Samen, Blüten und Früchte einer Pflanze zuzuordnen. „Nach meinem Eindruck sind diese unmittelbaren und teils spielerischen Lernerfahrungen sehr beliebt bei den Schülerinnen und Schülern. Sie alle arbeiten sehr eigenständig, konzentriert und sind motiviert durch den Wettkampfcharakter“, sagt die Lehrkraft Claudia Sarnowski.

Die Fasanerie als außerschulischer Lernort

Als außerschulischer Lernort und Erlebnisraum bietet das Naturpädagogische Zentrum der Fasanerie Wiesbaden ein- und mehrtägige Angebote für Schulklassen, Kindertagesstätten und sonstige Gruppen. Der Tier- und Pflanzenpark kann auch im Rahmen des „Hummeln helfen!“-Projekts der JGU als außerschulischer Lernort besucht werden. Die Materialien, die von den Studierenden entwickelt wurden, sollen langfristig in der Fasanerie etabliert und auf verschiedene Zielgruppen zugeschnitten werden.

Projekt „Hummeln helfen! Rhein-Main“ unterstützt Schulen

Schülerinnen und Schüler engagieren sich in dem Projekt für die Belange von Hummel- und anderen Wildbienenarten. Dabei führen sie eigene Beobachtungen und Messungen durch, werten Daten aus und erhalten dadurch einen Einblick in die aktuelle Forschung rund um das Thema Insektenschutz. Die Schülerinnen und Schüler untersuchen ihr eigenes Schulgelände und gestalten es den Ergebnissen entsprechend hummel- und insektenfreundlich um. Ein außerschulischer Lernort wie die Fasanerie eignet sich vor allem für Stadtschulen, die keine Möglichkeiten haben, eigene Blühwiesen und ihre Bestäuber zu untersuchen.

Das Projekt „Hummeln helfen! Rhein-Main“ wurde in der AG Didaktik der Biologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz im Januar 2021 an Schulen im Rhein-Main-Gebiet begonnen. Es wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) über drei Jahre mit rund 345.000 Euro gefördert. (Johannes Gutenberg-Universität Mainz)