Unterschiedliche Zeiten bringen unterschiedliche Gartenmoden hervor und stellen sehr unterschiedliche Pflanzen ins Rampenlicht. Die Einflussfaktoren sind vielfältig. Beim Höhenflug der Stauden liegt es zweifellos an einflussreichen Gärtnern und Landschaftsarchitekten wie Piet Oudolf aus den Niederlanden, aber auch Cassian Schmidt, Petra Pelz oder Peter Janke, deren Anlagen, Bücher, Workshops und Ideen weit über ihr eigenes Werk hinausstrahlen und über deren Art der Pflanzenverwendung viel geschrieben wird. Ohne solche Botschafter würden es die Stauden vermutlich nicht geschafft haben, so breite Aufmerksamkeit zu erlangen. Gartenschauen und Festivals im In- und Ausland tragen die Botschaft der Stauden international in die Öffentlichkeit. Auch Blumenzwiebeln werden so populär, weil es Fachleute gibt, die ihr Know-how mitteilen, wunderbare Beispiele kreieren und zur Nachahmung im eigenen Hausgarten motivieren. Über allen Trends steht nun seit ein paar heißen Sommern der Klimawandel, der aus völlig anderen Gründen dazu führt, den eigenen Garten zu überdenken, Wasser zu sparen und klimaangepasste Bepflanzungen anzulegen. Wenn man einige Jahrzehnte zurückblickt, so lässt sich leicht feststellen, dass es im Garten und seinen Bepflanzungen unterschiedliche Wellen gegeben hat, die mal die Hortensien, mal die Rosen, jetzt Stauden und Gräser in den Mittelpunkt gerückt haben. Es gab sogar eine Zeit, da war Schotter im Vorgarten Mode, aber dieser Irrweg überlebt sich inzwischen aus guten Gründen.
Ja, wo sind sie denn?
Eine Pflanzengruppe sucht man in den gehypten Gartenwellen allerdings bisher vergebens: die Bodendecker. Dabei waren sie immer da, nur eben nie im Rampenlicht. Im Gegensatz zu Rosen, Stauden oder Blumenzwiebeln sind Bodendecker auch keine eigene Pflanzengruppe: Die Begrifflichkeit bezieht sich ausschließlich auf das Wuchsverhalten der Pflanzen. Zugegeben, das Wort klingt auch sehr funktional und wenig attraktiv und – das ist die gute Nachricht – wird ihnen überhaupt nicht gerecht. Bodendecker sind wahre Klimahelden und umfassen ein breites Spektrum verschiedener Pflanzen: Stauden, Gräser, Gehölze.
Die als Bodendecker bezeichneten Pflanzen haben meistens eine geringe Wuchshöhe und erobern am liebsten horizontale Flächen. Sie tun dies mit Wurzeln unter oder Trieben auf der Erde. Dadurch werden sie äußerst nützlich. Mit ihrem Eroberungsdrang verhindern sie die Ansiedlung unerwünschter Gewächse und sorgen dafür, dass der Boden nicht austrocknet oder bei kräftigem Regen weggeschwemmt wird. Das schaffen sie nicht nur auf der Ebene, sondern auch in der Schräge und dies auch an Stellen, die schwer zugänglich sind. Sie verwandeln Flächen in Vorgärten, unter Bäumen, am Gehölzrand oder sogar auf Dächern zu geschlossenen, schützenden Decken, die ganzjährig attraktiv aussehen. Dabei machen sie wenig Arbeit und dienen Insekten, Schmetterlingen, Vögeln und Kleintieren als Nektar- und Futterquelle oder aus Rückzugsraum.
Da summt was
Leider treten viele Bodendecker leise und bescheiden auf und machen einzeln in Töpfen oft wenig von sich her. Wer sich allerdings mit den Sortimenten befasst, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Da gibt es viel zu entdecken. Jeder von uns kennt den Efeu, Hedera helix. Die wenigsten wissen, dass die Blüten des Efeu, die erst bei gut etablierten Pflanzen erscheinen, im späten Herbst die einzige Nektarquelle für Insekten sind. Im zeitigen Frühjahr sind die dunklen Früchte dann Nahrung für viele Vögel im Garten. Die Flächen, die der Efeu schließt, dürfen auch im Schatten liegen, das macht ihm gar nichts aus. Im Gegenteil. Jetzt gehört der Efeu zu den wenigen Bodendeckern, von denen der Hobbygärtner noch ein Vorstellungsvermögen hat. Beim Immergrün, der Vinca, mag es auch noch gelingen. Dennoch wissen die wenigsten, dass es diesen zeitig im Jahr blühenden Bodendecker in verschiedenen Farben gibt. Das Spektrum reicht von weiß über hell- bis tiefblau und weinroten Blüten. Auch mit Immergrün lassen sich Flächen attraktiv gestalten. Die offenen Blüten werden von Insekten geliebt und durch das helle Grün der Blätter werden mit Vinca auch dunklere Stellen im Garten lichter.
Für alle Fälle
Ob es um halb- oder vollschattige Stellen unter Gehölzen oder Bäumen geht oder auch um schwer zugängliche Hanglagen, für die meisten Geländesituationen gibt es die passenden Bodendecker. Eine beliebte Bienenweide ist die heimische Waldsteinia ternata, Die Waldsteinie. Sie ist eine hübsche, immergrüne Pflanze, die bis zu 15 Zentimeter hoch werden kann und im Frühling kleine gelbe Blütchen bekommt. Als Unterbepflanzung eines Baumes im Vorgarten und vielleicht in Kombination mit gelben Frühjahrsblühern ein Hingucker.
Bodendecker sind also alles andere als eine neue Erfindung, aber sie haben Aufmerksamkeit verdient. Sie sind nicht nur praktische Lückenfüller, sondern sie haben einen nicht zu unterschätzenden Wert für unsere unmittelbare Umwelt. Welche Leistungen sie erbringen und auch, welch unterschiedliche Bodendecker es gibt, wollen wir in loser Folge vorstellen, damit aus den unbeschriebenen Blättern ein sinnvolles Bild entsteht. Übrigens verändern sich die Funktionen der Bodendecker im laufenden Jahr, aber darüber beim nächsten Mal mehr. (Quelle: Helix)