Es erscheint paradox: Politiker und Umweltverbände fordern die Landwirte auf, ihr Grünland stärker zu nutzen und mehr auf eine extensive Weidemast zu setzen. Die Nachfrage nach Rindfleisch ist ebenfalls da. Trotzdem sind Marktchancen der heimischen Landwirte, insbesondere wenn sie auf extensive oder gar ökologische Haltung setzen, gering, berichtet der Landvolk-Pressedienst. „Die in den 70er und 80er Jahren traditionelle Weideochsenmast fristet ein jämmerliches Dasein“, sagt Dr. Albert Hortmann-Scholten von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. In den vergangenen Wochen seien in Niedersachsen nicht einmal 20 Tiere pro Woche abgeliefert worden. Zudem haben Mutterkuhhaltung und Färsenmast haben im Vergleich zu früheren Jahren erheblich an Bedeutung verloren.
Die Marktsituation für Rindfleisch allerdings hat sich in den vergangenen 13 Jahren merklich gebessert. Im BSE-Jahr 2001 bewegte sich der Selbstversorgungsgrad für Deutschland um die 180 Prozent. Mittlerweile hat sich die Angebotssituation deutlich entspannt, so dass sogar bei wichtigen Kurzbratstücken eine deutliche Unterdeckung aufgetreten ist und Fleisch eingeführt werden muss. „Hier passen offensichtlich Marktanforderungen und politische Leitbilder nicht zusammen“, sagt Hortmann-Scholten. Das Preisniveau, das den Erzeugern auf Dauer für die besonders nachhaltige extensive Haltung gezahlt werden müsste, sei bei hohen Flächenkosten offenbar zu gering, um auf Dauer eine größere Weidehaltung anzukurbeln.
„Mutterkühe werden meist nur noch im Nebenerwerb gehalten, bis der Betrieb ganz ausläuft“, hat Peter Cornelius, Vorsitzender des Kreislandvolkverbandes Wesermarsch, festgestellt. Für eine offensive Bewerbung des besonders aromatischen Fleisches seien die Mengen bereits zu gering. Lediglich zu den Ochsenwochen während des Weideabtriebs in der Wesermarsch, vom 11. Oktober bis zum 11. November, wird die Rarität von Gastronomie und Fleischerhandwerk extra beworben. Auch auf der Grünen Woche in Berlin gibt es erstmals Öxli-Produkte aus der Wesermarsch. Langfristig handle der Verbraucher jedoch oft inkonsequent, meint Hortmann-Scholten. Trotz vielfach geäußerter Bekenntnisse, häufiger regional einkaufen zu wollen, achte er auf den Preis und greife lieber bei ausländischer Ware zu. (LPD)