Wilmans Park – Ein verborgener Garten in Blankenese

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Zugegeben, ich kenne den Fotografen und den Autor und bin maximal befangen. Wilmans Park kenne ich nicht und werde ihn aller Wahrscheinlichkeit nach auch nie kennenlernen.
Vor mir liegt ein gewichtiges Buch in großem Format, Leinen gebunden, ein fast bescheidenes Titelbild im Passepartout. Hanseatisch?! Das schwere Buch ist nix für Ungeduldige, es scheint wie ein Schatz, fordert von einem Raum und Zeit. Was für eine erhabene Anmutung, was für eine Haptik beim Blättern, was für eine angenehme Typografie, wie viel Platz für Wörter und Bilder – nein, jetzt bloß kein schnelles Blättern, eher ein Glas Rotwein. Seite für Seite und Schritt für Schritt nähere ich mich als Leserin einem verborgenen Garten in Blankenese an als gelte es einen „lost place" zu entdecken, der am Ende gar nicht „lost" ist, sondern einfach nur versteckt. Wie ungewöhnlich das Layout (Petra Horn) und die Sparsamkeit der Wörter, die ins Grüne treffen (Ulrich Timm). Irgendwo da vorne muss die Elbe sein, der Blick schweift durch die grüne Hölle über lila Rhododendronwolken – ja, wir sind im Norden. Der Fotografenblick (Ferdinand Graf Luckner) zeigt uns das Verborgene und das tut er äußerst diskret. Kein Mensch wäre zu identifizieren, weder der Eigentümer noch der Gärtner. Was für ein Ort! Was für ein Buch! Die Blätterin verliert sich im Laub und manchmal im Unterholz oder auf den verschlungenen Wegen, gelegentlich lässt sich ahnen, um was für ein Anwesen es hier geht. Auch der Autor geht auf Spurensuche, so scheint es. Wir folgen ihm. Die über 200jährige Geschichte des Wilmans Park wird durch die verschiedenen Epochen und ihren verschiedenen Eigentümern erzählt; jeder hat seine Spuren in dem Landschaftspark hinterlassen, vom Ha-Ha bis zu den Tuffsteingrotten, den Teichen und Wasserbecken, in Anlage und Bepflanzung und nicht zu vergessen im oder am Haus. Ulrich Timm hat sich sehr intensiv mit dem An-Wesen befasst und erstaunliche Belege seiner Geschichte zusammengetragen. Besonders reizvoll ist die Ära Karl Lagerfeld aus der Neuzeit. Er erwarb die Immobilie 1991, ließ sie restaurieren und nach seinen Wünschen üppig umbauen. Als er sich 1997 wieder von diesem Besitz trennte soll er gesagt haben, dass es das schönste Haus sei, das er je besessen habe. Man mag es wohl glauben. Auch beim fünften Blättern durch das gewichtige Werk bleibt man ehrfürchtig. Nicht weil man neidvoll so residieren möchte, sondern weil man sich ein bisschen wie ein Besucher vorkommt, der eingeladen ist, die Türen stehen offen, aber es ist kein Mensch weit und breit zu sehen. Man bewegt sich Schritt für Schritt, immer so ein bisschen mit dem Gefühl „darf ich das überhaupt?" und freut sich, wenn man am Ende auf die Gärtner trifft, die ihrer Arbeit nachgehen, freundlich grüßen, ohne sich am Eindringling zu stören. Bei diesem Buch wurde an wirklich überhaupt nichts gespart, sogar ein Gelände- und Pflanzplan liegt lose bei. Wie schön, dass es den Wilmans Park in Blankenese gibt und ein so wunderbar gemachtes Buch!

Das Buch wurde 2022 beim Deutschen Gartenbuchpreis mit dem 2. Platz in der Kategorie „Bester Bildband" ausgezeichnet.

Petra Horn (Gestaltung), Ferdinand Graf Luckner (Fotografie) und Ulrich Timm (Text)
Wilmans Park
Callwey Verlag, 2022
300 Seiten, 23,7 x 32,5 cm, 280 Fotos und Abbildungen, gebunden
ISBN 978 3 7667 2581 3
Preis: 49,95 Euro

(Quelle: GPP)