Kinder sitzen heute viel zu viel und sind körperlich deutlich zu wenig aktiv, wie verschiedene Studien der letzten Jahre belegen. Zuletzt bestätigen die Ergebnisse des internationalen Bewegungszeugnisses 2022, die im Herbst von der TU München veröffentlicht wurden, diese Thesen.
Deutschland schnitt im Länder-Ranking nicht gut ab: Mit der Note „Vier Minus" belegt es einen der hinteren Plätze. Und das liegt nicht unbedingt daran, dass Kinder in Schulen oder Vereinen weniger Sport treiben. Vielmehr ist es so, dass die gesamte Bewegungsdauer im Alltag in den letzten Jahrzehnten extrem abgenommen hat. Jungen und Mädchen – gleich welchen Alters – verbringen ihre Freizeit heute eher vor Bildschirmen als draußen mit ihren Freunden. Grund dafür sind nicht nur die Reize der virtuellen Welt, sondern vielfach fehlt es in der direkten Umgebung auch an Freiräumen zum Aufhalten und Auspowern. Glücklich können sich da Familien schätzen, die einen Garten ihr Eigen nennen.
Den Bedürfnissen angepasst
„Nicht jeder Garten ist aber automatisch ein Kinderparadies", sagt Achim Kluge vom Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. (BGL). „Nur mit Rosenbeeten und Kirschlorbeerhecken können die Kleinen in der Regel wenig anfangen. Sie brauchen einen Ort, an dem sie aktiv und kreativ sein dürfen, ihre körperlichen Fähigkeiten austesten und sich ausprobieren können." Egal wie groß die Fläche ist und ob es sich um einen eingewachsenen Garten oder ein Grundstück im Neubaugebiet handelt: Landschaftsgärtnerinnen und -gärtner unterstützen Eltern mit Fachkenntnis und kreativen Ideen gern dabei, diese so zu gestalten, dass sich der Nachwuchs hier wohlfühlt. Dabei haben sie stets die Bedürfnisse der Kinder – aber auch der restlichen Familie – in verschiedenen Lebensphasen im Blick und planen so, dass sich der Garten jederzeit problemlos weiterentwickeln und umgestalten lässt. Dort, wo die ganz Kleinen jetzt ihre Burgen im Sandkasten bauen, kann später vielleicht ein Klettergerüst aufgestellt werden … Sobald sie auch diesem entwachsen sind, macht es Platz für eine Kräuterspirale. So verändert sich ein familiengerechter Garten im Laufe der Zeit und passt sich den jeweiligen Anforderungen an.
„Ein wesentliches Element für den Spielplatz hinterm Haus ist eine gut angelegte, robuste Rasenfläche. Auf ihr können Kinder am besten ihren Bewegungsdrang ausleben – Purzelbäume üben, Radschlagen, Federball spielen oder mit Freunden im aufgestellten Planschbecken toben", so Kluge. Daneben wünschen sich viele Jungen und Mädchen oft auch Spielgeräte, die sie vom Spielplatz kennen. Nachhaltig ist es, vor allem solche auszuwählen, die für verschiedene Altersgruppen interessant sind. An einer Schaukel beispielsweise haben sowohl jüngere als auch ältere Kinder Spaß und am Trägergestell können später zumeist auch Kletterseile oder Hängematten befestigt werden.
Ein echter Traum für die meisten kleinen und erwachsenen Gartennutzer wäre natürlich ein eigener Pool oder Schwimmteich, in dem sie im Sommer planschen und ihre Bahnen ziehen können. Zwar lässt sich ein solches Projekt nicht überall realisieren, aber oft ist auch auf kleinen Grundstücken mehr möglich, als man denkt. Fachkundige Beratung gibt es bei den Garten- und Landschaftsbaubetrieben vor Ort.
Mit Sicherheit
„Bei der Anlage eines kindgerechten Gartens geht es aber nicht nur um Spiel- und Spaß-Faktoren", erklärt Achim Kluge vom BGL. „Denn Sicherheit steht auch hier an erster Stelle. Landschaftsgärtnerinnen und -gärtner wissen, wie man Gefahrenquellen vermeidet und sichert." Das ist besonders bei Kleinkindern wichtig, denen man viele Dinge noch nicht erklären kann. Damit die Eltern diese nicht ständig im Auge haben müssen, ist es beispielsweise wichtig, dass ein Zaun sie daran hindert auf die Straße zu laufen, dass keine giftigen Pflanzen im Garten wachsen und dass Wasserstellen oder Kellertreppen kindersichere Törchen oder Abdeckungen erhalten. Alle Spielgeräte im Garten sollten möglichst die TÜV-Plakette oder das GS-Zeichen für geprüfte Sicherheit tragen, fachgerecht aufgestellt und – wenn nötig – sicher im Boden verankert werden. Stehen Klettergerüst und Co. nicht auf einer weichen Rasenfläche, empfiehlt es sich, darunter spezielle Fallschutzmatten verlegen zu lassen.
Für Körper und Geist
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt für alle Kinder über fünf Jahren täglich mindestens 60 Minuten Bewegung bei mittlerer bis hoher Intensität. Das wirke sich sowohl positiv auf ihre Gesundheit und Fitness als auch auf die mentale und motorische Entwicklung aus. Vor allem nach der Einschulung würden viele diesen Wert allerdings nicht mehr erreichen. Das ist fatal, denn auch für die Konzentrationsfähigkeit und das Lernen spielt körperliche Aktivität eine wichtige Rolle. Menschen, die sich regelmäßig bewegen, können Informationen einfach besser speichern und verarbeiten, das ist wissenschaftlich bewiesen.
Ein entsprechend gestalteter Garten ermöglicht es, dass Kinder ganz selbstverständlich mehr Bewegung in ihren Alltag integrieren – leicht und spielerisch, ohne großen Aufwand und lange Anreise. Und haben sie sich erst einmal ordentlich ausgetobt, entdecken die meisten, dass auch das „Chillen" im Grünen einfach Spaß macht.
Übrigens: Der häufige Aufenthalt im Freien hat auch Auswirkungen auf die Sehkraft der Kinder, darauf weist u.a. die Stiftung Kindergesundheit hin. Eine Reihe von Untersuchungen belegt, dass sie umso seltener kurzsichtig werden, je mehr sie draußen bei Tageslicht spielen. Denn hier schauen die Augen häufiger in die Ferne und sind nicht nur auf Objekte in der Nähe fixiert. Eine Metaanalyse bisheriger Studien ergab, dass schon zwei Stunden tägliche Aktivitäten bei Tageslicht das Auftreten der Kurzsichtigkeit halbieren. (BGL)